Das verfügbare Personal für Intensivstationen könnte knapp werden, denn zur Versorgung schwer erkrankter Covid-19-Patienten bedarf es deutlich mehr Ressourcen.

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Der Gesundheitsminister ist am Montag noch einmal mit einer Warnung ausgerückt: Wenn die Entwicklung, wie sie jetzt ist, so bleibt, "dann steuern wir auf eine erhebliche Krisensituation zu", sagt Rudolf Anschober (Grüne). Die drastische Zunahme an Covid-19-Intensivpatienten sei alarmierend. Man müsse jetzt handeln, um Mitte November eine Trendwende herbeizuführen, appelliert er an die Bevölkerung – denn es liege an uns allen, etwas zu ändern. Und das beste Rezept laute: Kontaktreduktion.

Der Peak, der sich derzeit abzeichne, könne noch "ohne Triage" bewältigt werden, sagt Klaus Markstaller, Präsident der Österreichischen Intensivmedizin. Will heißen: ohne dass Ärzte abwägen müssen, welchen Patienten man intensivmedizinisch betreuen kann und welchen gerade nicht. Aber die "dynamische Entwicklung" des aktuellen Infektionsgeschehens müsse unbedingt eingedämmt werden, warnt auch der Mediziner.

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Wie viele Intensivbetten in Österreich konkret für Covid-19-Patienten zur Verfügung stehen, lässt sich nicht ganz klar sagen – insgesamt gibt es bundesweit rund 2000 Intensivbetten. Die Auslastung schwankt täglich und je nach Bundesland. Es lässt sich im Krankenhausalltag nämlich nicht eindeutig trennen, welches Bett für Corona-Kranke und welches für andere Patienten zur Verfügung steht. Österreichweit ist die Zahl der Intensivpatienten im Vergleich zur Vorwoche jedenfalls um 78 Prozent gestiegen.

Am Montag waren in Wien bereits zwei Drittel der aktuell für die Behandlung von Covid-19-Erkrankten reservierten Intensivbetten belegt, erklärte ein Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). 99 Personen mussten intensivmedizinisch behandelt werden. Das ist ein Anstieg von 45 Prozent im Vergleich zur Vorwoche.

Operationen aufschieben

In den Krankenhäusern des Wiener Gesundheitsverbunds stehen derzeit 150 Intensivbetten für Corona-Fälle zur Verfügung. Schon jetzt ist fix, dass in Wien planbare und verschiebbare Operationen in Kürze verschoben werden müssen, um die Kapazitäten zu erhöhen – durch das Zurückfahren anderer Leistungen könne die Zahl auf etwa 300 Corona-Intensivbetten erhöht werden.

Ähnliches passiert in Oberösterreich. Planbare Eingriffe werden – wie bereits vor einigen Tagen angekündigt – verschoben. Betroffene werden direkt von den Spitälern kontaktiert, informierte der Krisenstab des Landes. Die Lage in den Spitälern war mit 473 Covid-19-Patienten auf Normal- und weiteren 57 auf Intensivstationen angespannt.

In Salzburg waren am Montag 117 Covid-19-Patienten in den Spitälern und 20 auf Intensivstationen. Laut einer Prognose des Landesmedizinstabes würden die insgesamt 198 für Covid-19-Patienten verfügbaren Betten auf der Normalstation und die 45 auf der Intensivstation eigentlich am 10. November voll sein. Doch derzeit liege man schon um 20 Prozent über den Schätzungen, heißt es vom Uniklinikum. Um der schnelleren Auslastung entgegenzuwirken, gibt es 24 zusätzliche Betten auf der inneren Medizin. Hinzu kommen 75 Betten für Bewohner von Seniorenheime und Behinderteneinrichtungen.

Unterschiedliche Ages-Meldungen

In Niederösterreich befinden sich derzeit 44 positive Patienten auf der Intensivstation. Von den 335 Intensivbetten sind derzeit 110 nicht belegt. Wobei es sich hier um die Gesamtzahl der verfügbaren Intensivbetten handelt. Wie in der Vorwoche bekannt wurde, geben die Bundesländer unterschiedliche Zahlen zur Kapazität in den Spitälern an die Ages weiter. Während Niederösterreich und Wien alle Intensivbetten einmelden, geben Salzburg oder Tirol nur jene an, die für Covid-19-Patienten reserviert sind.

In Tirol waren am Montag noch 68 Normalbetten und fünf Intensivbetten für Corona-Patienten frei. 226 Corona-Patienten befanden sich im Spital, 36 davon benötigten intensivmedizinische Betreuung. Ein generelles Freimachen von Spitalsbetten, wie im Frühjahr vor dem ersten Lockdown, sei diesmal nicht geplant. Andere Behandlungen sollen vorerst nicht verschoben werden.

Durchschnittlich 33 Tage auf der Intensivstation

Neben der Anzahl an Corona-Patienten könnte vor allem deren Aufenthaltsdauer für die Spitäler zum Problem werden. Im Krankenhaus Zams, dem Tiroler Corona-Hotspot im Frühjahr, mussten Patienten durchschnittlich 33 Tage auf der Intensivstation verbringen. Auch das verfügbare Personal könnte knapp werden, denn zur Versorgung schwer erkrankter Covid-19-Patienten bedarf es deutlich mehr Ressourcen.

In Kärnten befanden sich insgesamt 98 Personen in Spitalsbehandlung, neun von ihnen bedurften intensivmedizinischer Pflege. Im Burgenland werden derzeit 32 Personen in einem Spital behandelt, davon sieben in der Intensivstation.

In Vorarlberg meldete das Stadtspital Dornbirn am Sonntag als erstes in Österreich, dass keines der acht Intensivbetten mehr verfügbar ist. Nun springen andere Spitäler ein. Insgesamt stehen im Ländle 430 Betten für Covid-19-Patienten zur Verfügung, von denen aktuell 116 belegt sind. Von den 55 Intensivbetten waren 22 belegt. Im Notfall könnte um 53 weitere Beatmungsplätze aufgestockt werden. Die Vorbereitungen laufen. (Steffen Arora, Sebastian Fellner, David Krutzler, Katharina Mittelstaedt, Stefanie Ruep, APA, 2.11.2020)