Die Wiener Linien sind in Betrieb und bewacht. Das Innenministerium rät aber dazu, zu Hause zu bleiben, unnötige Wege zu vermeiden.

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In der Wiener Innenstadt ist verstärkt Polizei unterwegs, der Tatort am Schwedenplatz bewacht.

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Am Tag nach dem mutmaßlich islamistischen Attentat in der Wiener Innenstadt wird die Bevölkerung weiterhin dazu angehalten, zu Hause zu bleiben und unnötige Wege zu vermeiden.

Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig sagte dazu in Ö1: "Das Funktionieren der Stadt soll aufrechterhalten bleiben trotz des Terroranschlags." Er rät dazu, alle Wege, die nicht notwendig seien, zu unterlassen, weil es helfe, wenn weniger Menschen in der Stadt unterwegs seien.

Was mache ich, wenn ich die Arbeit muss?

Wer heute unbedingt ins Büro muss, sollte die Wege in Wien so kurz wie möglich halten. Die Wiener Linien sind unterwegs, bewacht und in enger Abstimmung mit dem Einsatzstab. Meiden Sie, wenn möglich, die Innenstadt. Wenn Sie in der Innenstadt arbeiten müssen, wählen Sie kurze Wege und bleiben Sie danach am Arbeitsplatz, so Sie einen festen haben, verzichten Sie auf Ausflüge ins Freie während der Arbeitspausen, und versuchen Sie Termine, die nicht dringend sind, zu verschieben.

Der Terroranschlag in der Wiener Innenstadt stellt laut Arbeiterkammer keine automatische Dienstverhinderung dar. AK-Arbeitsrechtsexperte Alexander Tomanek empfiehlt, sich mit seinem Arbeitgeber oder Vorgesetzten abzusprechen, wie man sich als Arbeitnehmer verhalten soll, etwa ob nicht ohnehin wegen des Corona-Lockdowns von zu Hause aus gearbeitet werden kann.

Was mache ich, wenn ich nicht arbeiten kann?

Rechtlich besteht eine Dienstverhinderung, wenn der Arbeitsort, beispielsweise aufgrund der Polizeisperren an den Tatorten, nicht erreichbar ist. Auch hier sollte, so Tomanek, Rücksprache mit dem Arbeitgeber gehalten werden. So haben Geschäfte, etwa einzelne Bankfilialen, entschieden, für heute zu schließen.

Wer sich aufgrund der Ereignisse nicht imstande fühlt arbeiten zu gehen oder unter Schock steht, könne aufgrund der psychischen Belastung in Krankenstand gehen, muss dies aber ebenfalls dem Arbeitgeber melden und sich, wie sonst auch, von seinem Hausarzt krankschreiben lassen.

Morgen wieder normaler Schulbetrieb geplant

Die Schulpflicht wurde für Dienstag aufgehoben, am Mittwoch ist laut Bildungsministerium und -direktion vorbehaltlich anderer Vorgaben aus den Sicherheitsbehörden wieder ein normaler Schultag an den Wiener Schulen geplant. Dann oder am Tag darauf soll auch der "Übergangstag" an AHS-Oberstufen, Berufsbildenden Mittleren und Höheren Schulen (BMHS) beziehungsweise Berufsschulen vor dem Wechsel ins Distance Learning erfolgen.

Am Dienstag hätten die Oberstufenschüler mit Mund-Nasen-Schutz in die Schule kommen und in einer Klassenvorstandsstunde über die Gestaltung des Distance Learning informiert werden sollen. Diese Stunde wird nun am Mittwoch nachgeholt – den Schulen wird aber auch flexibel die Möglichkeit eingeräumt, dies falls nötig erst am Donnerstag zu tun.

An den Kindergärten ist ebenfalls wieder Normalbetrieb geplant. Auch hier war am Dienstag aufgrund des Anschlags die Besuchspflicht für Kinder im letzten Kindergartenjahr ausgesetzt

Die Uni Wien hat am Dienstag ihre Innenstadtgebäude geschlossen und ihre Mitarbeiter gebeten, von daheim aus zu arbeiten. Das betrifft neben dem Hauptgebäude auch das Neue Institutsgebäude (NIG), das Juridicum sowie die Standorte in der Liebiggasse, der Schenkenstraße, der Kolingasse sowie dem Oskar-Morgenstern-Platz. Lehrveranstaltungen finden coronabedingt ohnehin großteils digital statt.

Wo finde ich Hilfe?

Kindern gegenüber ist es nun auch wichtig, sie richtig zu informieren. Katastrophen wie dieser Terroranschlag sollen ihnen gegenüber weder bagatellisiert noch katastrophisiert werden.

Die Gesundheitspsychologin und Leiterin der Möwe-Kinderschutzzentren, Hedwig Wölfl, rät dazu, Kindern die Fakten zu erklären, ihnen zu sagen, was passiert ist und was dagegen getan wird, und ihnen zu erklären, dass sie in Sicherheit seien, wenn sie sich in der eigenen Wohnung oder Schule aufhalten. Wichtig ist, ihnen Sicherheit zu geben – so darf die Entscheidung, ob ein Kind in die Schule geht, nicht dem Kind überlassen werden, sondern ist von den Erziehungsberechtigten zu treffen. Weitere Informationen zum richtigen Umgang mit Kindern in der aktuellen Lage und wie man ihnen Terror erklärt, finden Sie hier.

Falls Fragen oder Ängste auftauchen, die innerhalb der Familie nicht geklärt werden können, finden Sie Hilfe bei

  • Rat auf Draht (Telefonnummer: 147),
  • den Kinderschutzzentren (Telefonnummer: 0664/ 887 36 462),
  • der Kinder- und Jugendhilfe (Telefonnummer: 01/ 4000-8011).
  • Die 24-Stunden Hotline der Wiener Schulen erreichen Sie unter 0676/ 531 32 42.
  • Der Weisse Ring ist unter dem Notruf 0800/ 112 112 rund um die Uhr erreichbar.

Sollten Sie als Erwachsener Probleme mit der aktuellen Situation haben, finden Sie Hilfe bei den Psychosozialen Diensten (Telefonnummer: 01/ 31330).

Bewusster Medienkonsum

Nach dem Terroranschlag haben der Psychosoziale Dienst und auch die Wiener Telefonseelsorge, die unter der Telefonnummer 142 erreichbar ist, deutlich mehr Anrufe verzeichnet. "Uns erreichen verstörte Anrufer und viele besorgte Eltern, die Hilfestellungen im Umgang mit den Kindern benötigen", berichtete die Leiterin der Wiener Telefonseelsorge Antonia Keßelring. Ihnen rate sie unter anderem zu einem bewussten, zurückhaltenden Medienkonsum und zu einer bewussten Strukturierung des Alltags: "Man sollte Dinge tun, die man sonst auch tut" und nicht alles dem Attentat unterordnen, erklärte die Theologin.

Eltern, deren Kinder bereits wegen der anhaltenden Corona-Pandemie bedrückt seien oder die nicht wüssten, wie sie ihren Kindern ein Gefühl von Sicherheit geben könnten, rät die Expertin, "erstmal gut für sich selbst zu sorgen, damit man nicht die ganze Nervosität den Kindern weitergibt, und ehrlich zu sagen, was passiert ist". Man könne etwa versuchen einen guten Tag in der Familie verbringen.

Verbrechensopfergesetz

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat am Dienstag an Ansprüche nach dem Verbrechensopfergesetz erinnert. Betroffene der Terrorattacke von Montagabend erhielten medizinische und psychosoziale Hilfe sowie Entschädigungen. Das Sozialministeriumservice (SMS) bemühe sich um eine prompte Abwicklung, erklärte Anschober in einer Aussendung.

Neben österreichischen oder EU-Staatsbürgern seien auch Drittstaatsangehörige mit rechtmäßigem Aufenthalt hierzulande anspruchsberechtigt. Zu den Opfern von Gewalttaten nach dem Verbrechensopfergesetz zählten auch Opfer von Terroranschlägen, hieß es. Hatte die Tat den Tod eines Menschen zur Folge, dann ist den Hinterbliebenen Hilfe zu leisten. Die Geschädigten sind von der Sicherheitsbehörde und dem Strafgericht beziehungsweise der Staatsanwaltschaft über ihre Ansprüche zu informieren.

Die Hilfeleistungen müssten beim Sozialministeriumservice beantragt werden. Das Verbrechensopfergesetz sieht etwa Hilfen wie Krisenintervention, ärztliche Hilfe, psychotherapeutische Behandlung, Pauschalentschädigung für Schmerzensgeld oder Rehabilitation vor. Zudem biete auch die Opferhilfeorganisation Weisser Ring den Opfern Hilfeleistung.

Verhaltensrichtlinien bei einem Angriff

In einer solchen Ausnahmesituation wie einem Terrorangriff reagieren man am Besten mit: "Run – Hide – Fight" So lautet die Empfehlung von US-Experten, wo es weit häufiger zu Schießereien oder Amokläufen kommt.

Selbstverständlich sollten vor allem die Anweisungen der Exekutive befolgt werden. Doch bis diese am Ort des Geschehens eintrifft, vergehen selbst im besten Fall mehrere Minuten, in denen man sich aktiv um die eigene Sicherheit und jene der anderen kümmern sollte. Sollte dies möglich sein, steht die Flucht vor dem oder den Angreifern an erster Stelle. Hilfreich ist dabei, wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht und schon beim Betreten eines Lokals oder Theaters Ausschau nach den Notausgängen hält, auch für den Fall eines Feuers. Keine gute Idee ist es hingegen, nicht ans eigene Überleben, sondern an soziale Medien zu denken, und die Handykamera für ein möglicherweise tödliches Video zu zücken.

Die aktuellen Information

Über den aktuellen Stand der Lage, der Ermittlungen und Erkenntnisse informieren wir Sie in einem eigenen News-Ticker. Verbreiten Sie bitte keine Videos vom Anschlag, das erschwert die Ermittlungen der Einsatzkräfte, und verbreiten Sie bitte keine Gerüchte, denn dies erhöht die Unsicherheit der Bevölkerung. (brun, glu, 3.11.2020)