Bild nicht mehr verfügbar.

US-Präsident Donald Trump bei einer Wahlveranstaltung im September im Bundesstaat Minnesota.

Foto: Reuters

Trotz heftiger Kritik von mehreren Seiten hat US-Präsident Donald Trump in den vergangenen Monaten auf großen Veranstaltungen Werbung für seine Wiederwahl gemacht. Tausende seiner Anhänger sind zu diesen Kundgebungen gekommen. Einige hundert von ihnen dürften das mit ihrem Leben bezahlt haben, wie Ökonomen des Instituts für Politik- und Wirtschaftsforschung der Universität Stanford nun ausgerechnet haben. Mit über 231.000 Todesfällen gibt es in den USA so viele Opfer der Corona-Pandemie wie nirgends sonst auf der Welt.

Die Forscher gehen in ihren Modellrechnungen davon aus, dass sich bei den Wahlkampfveranstaltungen rund 30.000 Menschen mit Sars-CoV-2 angesteckt haben könnten. Dadurch sei es vermutlich zu 700 vermeidbaren Todesfällen gekommen. Die Studie wurde online vorveröffentlicht, was bedeutet, dass sie von Fachkollegen noch nicht begutachtet wurde.

Ohne Abstand und Maske

Insgesamt wurden Daten von 18 Events ausgewertet, die zwischen 20. Juni und 22. September stattfanden, drei davon sogar in geschlossenen Räumen. Video- und Fotoaufnahmen der Veranstaltungen zeigen, dass die Teilnehmer oft weder Abstand eingehalten noch Masken getragen haben. Beides war auch nicht vorgeschrieben. Wie die "New York Times" schreibt, hat Trump seit dem Ende der Studie im September mehr als 30 weitere Wahlkampfveranstaltungen dieser Art abgehalten.

Konkret haben die Wissenschafter die Infektionszahlen in den 18 Bezirken vor und nach den Wahlkampfveranstaltungen untersucht und mit insgesamt 200 Bezirken verglichen, bei denen es zuvor ähnliche Voraussetzungen gab, was die Demografie und das Infektionsgeschehen anbelangt. So kamen die Forscher zu dem Ergebnis, dass es in den betroffenen Bezirken im Durchschnitt zu einem Anstieg der bestätigten Fälle um mehr als 250 pro 100.000 Einwohner kam.

Superspreading-Events

Forscher vermuten schon länger, dass Wahlkampfveranstaltungen dieser Art sogenannte Superspreading-Events sind. Mangels Daten und weil in vielen US-Bundesstaaten aufgrund fehlender staatlicher Finanzierung das Contact-Tracing von Infizierten nur lückenhaft funktioniert, konnte das bisher aber nicht belegt werden.

Die Studie der Stanford-Ökonomen beruht rein auf Berechnungen mithilfe mathematischer Modelle und nicht auf realen Fällen, weshalb sie auch innerhalb der wissenschaftlichen Community bereits heftig kritisiert wurde. Nur in einigen Staaten konnten einzelne Cluster sowie Infektionsfälle tatsächlich auf Trump-Kundgebungen zurückgeführt werden. Dass die Veranstaltungen eine Gefahr darstellten, liegt aber nahe. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass Infizierte sich anderswo angesteckt haben. (bere, 4.11.2020)