Durch Online-Bewertungen von Restaurants will man die Gäste und deren Bedürfnisse besser kennenlernen.

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Online-Bewertungen auf Portalen wie Tripadvidsor sind für Restaurantbesucher zweifellos zu wichtigen Orientierungspunkten geworden. Aus Sicht der Restaurants können sie einerseits zum Ärgernis werden, wie diverse Klagen von Wirten, die sich ungerecht behandelt fühlen, belegen. Auf der anderen Seiten können sie aber als eine Art effiziente Mundpropaganda in Zeiten von Social Media auch zum wertvollen Marketinginstrument werden.

Doch es gibt noch einen weiteren Nutzen des Online-Feedbacks. Man kann die Bewertungen dazu verwenden, die Gäste besser kennenzulernen, um gezielter auf sie eingehen zu können. Ilona Pezenka vom Department of Communication der FH Wien der WKW hat mit Christian Weismayer von der Modul University in Wien eine Untersuchung in diesem Bereich gemacht.

Der Fokus der Forschungsarbeit lag auf den Unterschieden zwischen Touristen und Einheimischen, die sich aus den Kommentaren auf der Plattform Tripadvisor herauslesen lassen. Eine zentrale Frage dabei: Legen Gäste, die ein Restaurant im Zuge einer Reise bewerten, andere Kriterien und Maßstäbe an als Gäste, die aus der Umgebung kommen?

Touristen und Einheimische

Pezenka und Kollegen haben bereits zu verwandten Themen im Tourismusbereich gearbeitet, etwa zur Online-Beurteilung bei der Zimmervermittlung Airbnb. "Touristen geben 25 Prozent ihrer Gesamtausgaben für Essen und Trinken aus", sagt Pezenka.

"Uns ist aufgefallen, dass es aber noch keine Unterscheidung der Restaurantbesucher nach Zielgruppen und Besuchsmotiven gibt. Wir vermuteten aber, dass sich die Kriterien, nach denen Touristen Restaurants aussuchen, von jenen der Einheimischen unterscheiden." Die Erkenntnisse der Studie bestätigen diese Annahme.

Die Forscher untersuchten die Frage anhand eines ihnen zur Verfügung stehenden, anonymisierten Datensatzes aus der US-Hauptstadt Washington, D.C. Die mit Geodaten versehenen Bewertungen wurden in zwei Gruppen unterteilt: jene, deren Wohnsitz innerhalb eines Radius von 50 Meilen, also etwa 80 Kilometern, lag, und jene, die von weiter herkamen und in die Touristengruppe zusammengefasst wurden.

Feine Unterschiede

Im Zuge einer sogenannten Sentiment-Analyse wurde eine Reihe von Kriterien, die in den Bewertungen vorkommen, in Zusammenhang mit der Gesamtbeurteilung betrachtet. Dabei haben sich feine Unterschiede gezeigt.

"Wir konnten etwa zeigen, dass die Qualität des Essens für Einheimische stärker in eine positive Bewertung einfließt als in eine negative", erklärt Pezenka. "Für Touristen ist das Essen natürlich auch wichtig, es fließt aber weniger stark in die Gesamtbeurteilung ein. Das könnte daran liegen, dass sie keine vorgeprägten Erwartungshaltungen mitbringen."

Bei Touristen spielen dafür neben dem Essen andere Faktoren eine gewichtigere Rolle. Zum einen steht der Erlebnischarakter – Lage und Ambiente – eines Restaurantbesuchs stärker im Vordergrund. Zum anderen sind praktische Aspekte wichtiger. "Touristen legen beispielsweise Wert auf verschiedene Bezahlmöglichkeiten – etwa dass sie mit Kreditkarte zahlen können", sagt Pezenka.

Auch Speisekarte und Ruhe und Geschäftigkeit im Lokal – Touristen haben es tendenziell gerne ruhiger, während Einheimische eine gewisse Belebtheit schätzen – fließen hier stärker ein. Freundlichkeit und Service ist dagegen beiden Gruppen etwa gleich wichtig.

Die Erkenntnisse haben Implikationen für die Kommunikation in der Gastronomie. Verschiedene Zielgruppen sollen auch unterschiedlich angesprochen werden. "Wenn ich als Innenstadtlokal Touristen ansprechen will, ist es auch sinnvoll, die Zahlungsmöglichkeiten gut zu kommunizieren", gibt Pezenka ein Beispiel.

Vorteile der Location sollten bei dieser Zielgruppe ebenfalls eher hoch gewichtet sein. Was auf den Tisch kommt, bleibt aber der wichtigste Aspekt: "Auch wenn es für die Touristen weniger Einfluss auf die Gesamtbewertung hat – das Essen muss immer stimmen", resümiert die Forscherin. (Alois Pumhösel, 6.11.2020)