Muckenhumer läuft.

Foto: Sri Chinmoy Marathon Team

Salzburg – Als der italienische Sieger nach 43 Tagen, 12 Stunden, 7 Minuten und 26 Sekunden das Ziel erreichte, hatte der Österreicher Ushika Muckenhumer noch rund sechs Wettkampftage und einige Laufkilometer vor sich um schließlich als Zweiter anzukommen. Da nicht davon auszugehen ist, dass die Geschwindigkeit bei diesem Rennen irrwitzig niedrig ist, muss also die Distanz entsprechend groß sein. Und das ist sie bei Ultradistanzläufen wie dem Sri Chinmoy Self-Transcendence 3100-Mile Race, das Daumen mal Pi über rund 5000 Kilometer führt.

Um 20 Stunden verbessert

Muckenhumer kam schließlich in einer Zeit von 49 Tagen, 11 Stunden, 27 Minuten und 55 Sekunden an. Der Geschäftsführer eines Salzburger Musikinstrumentengeschäfts erzielte damit seine persönliche Bestleistung im längsten zertifizierten Straßenlauf der Welt. Er war 20 Stunden früher im Ziel als bei seiner Teilnahme an dem 5000-Kilometer-Lauf im Jahr 2018. Der 52-Jährige, der schon dreimal an dem Wettkampf teilnahm, bemerkte: "Ein Teil von mir ist jetzt froh, dass der Lauf zu Ende ist – nicht mehr um 5 Uhr aufstehen, kein Leiden mehr -,mein Inneres aber etwas traurig. Das innere Gold, das ich bei einem solchen Lauf erhalte, ist enorm. Innerer Frieden kam herab, den auch die Besucher und Nachbarn des Parks wahrgenommen haben. Durch jeden Ultralauf wird in mir etwas zum Positiven verändert. Diesmal verschwand meine Ungeduld."

1-Kilometer-Runde im Park

Der Ultradistanzlauf findet auf einer vermessenen etwas mehr als 1 km langen Runde in Salzburgs Glanspitz-Park entlang des Flusses Salzach statt. Den Sieg beim diesjährigen Rennen holte sich der Italiener Andrea Marcato (38), der in Lughetto, einer Vorstadt von Venedig aufwuchs und in einem Lebensmittelbetrieb in Zürich arbeitet. Den Weltrekord stellte im Jahr 2015 Ashprihanal Aalto, ein finnischer Postbote, in 40 Tagen, 9 Stunden und 6 Minuten auf. Er legte durchschnittlich 77 Meilen, umgerechnet 123 km pro Tag zurück.

Eis, Kuchen und Schlagobers

Im Gegensatz zu dem Gewinner, der 10 kg bei dem Lauf verlor, legte Muckenhumer trotz den 100 km, die er pro Tag lief oder ging, 3 kg zu. Der zweitplatzierte Vegetarier setzte auf Trennkost, um das Ziel zu erreichen, er soll an die 10000 Kalorien pro Tag verzehrt haben. Seine Lieblingsspeisen seien Eiscreme, Kuchen und Schlagobers. Auch die "neue Erfindung" Mascarpone-Shake mit Schokolade oder Früchten habe es ihm angetan. Sie sei leicht verdaulich. Zur Siegerehrung wünschte er sich eine Kardinalschnitte und die sollte er kriegen: Ihm wurde eine Kreation in Übergröße von einer Wiener Konditorei serviert.

Eine Kardinalschnitte für den Zweitplatzierten.
Foto: Sri Chinmoy Marathon Team

"Wenn negative Gedanken kamen und ich an Geschwindigkeit verlor, hat mir bei diesem Rennen besonders das innerliche Singen meditativer Lieder geholfen. Meine Geschwindigkeit kam zurück.", berichtet Muckenhumer. Um die Distanz von über 118 Marathons hintereinander genau 4989 km zurückzulegen, musste er mehrmals das Schuhwerk wechseln, weil die Schaumstoffkonstruktion seiner Lieblingsschuhe nach Anbringen eines neuen Absatzes Schmerzen erzeugte. "10 bis 20 Paar Schuhe habe ich sicher verbraucht", meinte der Ultraläufer.

Fünf Starter

Dieses Jahr haben sich fünf erfahrene Ultradistanzläufer an die 24. Ausgabe des Mount Everests des Laufens gewagt: Nachdem Muckenhumer und Marcato ihr Ziel erreichten, waren noch der nahe Prag wohnende Tscheche MilanJavornicky (46), der in Island lebende Ire Nirbhasa Magee (41) und Ananda-Lahari Zuscin (45) aus Kosice in der Slowakei auf der Strecke. Am 3. November um Mitternacht geht der Lauf zu Ende. Nur noch Magee wird die 3100 Meilen innert 52 Tagen bewältigen können.

Die Teilnhehmer müssen zumindest mehr als zwei Marathons pro Tag – 96 km -bewältigen, um ihr Ziel zu erreichen. Gelaufen werden darf täglich von 6 Uhr morgens bis Mitternacht. Der Wettkampf, der 23 Jahre lang in New York ausgetragen wurde, findet coronabedingt dieses Jahr erstmals in Österreich statt.

Selbsttranszendenz

Der Sellbsttranszendenz-3100-Meilen-Lauf wurde 1997 von dem in Indiengeborenen Meditationsmeister, Sportler und Musiker Sri Chinmoy, der selbst an vielen Marathons und Ultraläufen teilnahm, für talentierte Läufer ins Leben gerufen. Sri Chinmoy (1931 – 2007) beschrieb den Nutzen eines Mehrtageslaufs einmal folgendermaßen: "Das Hinauswachsen über sich selbst (Selbsttranszendenz) ist das einzige, was ein Mensch braucht, um wirklich glücklich zu sein. Daher helfen diese Rennen den Läufern enorm, auch wenn sie äußerlich viele Strapazen auf sich nehmen. Schließlich fühlen sie am Ende des Laufes, dass sie etwas Bedeutungsvolles erreicht haben." (red, 3.11.2020)