Das Restaurant des Wein & Co in der Jasomirgottstraße vor dem Lockdown: gut besucht, aber mit Abstand.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Wein-&-Co-Chef Willi Klinger ist dem Wein um nix weniger ergeben als in den vergangenen 13 Jahren als Geschäftsführer der ÖWM. Die neue Aufgabe macht ihn halt zu einem Anwalt der Vielfalt, wo er zuvor als Agent der Heimat unterwegs war. Kann man nur begrüßen, schließlich hat der Mann den heimischen Wein derart groß gemacht, dass es eh an der Zeit ist, jetzt wieder einmal die Fenster zur Welt aufzumachen.

Piemont und Burgund sind ziemlich eindeutig im Fokus dieser ersten Phase von Klingers Einsatz bei Wein & Co. Einfach weil er die eine Region als langjähriger Mitarbeiter Angelo Gajas aus der Innenansicht kennt und die andere schon seit immer die tollsten Weine der Welt gebiert.

Es sind außerordentliche Flaschen, die Klinger da aus dem Talon zaubert. Rosso di Montepulciano von Sanguineto zum Beispiel, von der gut 70-jährigen Dora Forsoni gekeltert – ein Rotwein, der ganz herrlichen Zug entwickelt, wild, gespannt wie eine Saite, unheimlich viel Wein um knapp 20 Euro.

Oder Femme de Champagne von Carol Duval-Leroy und ihrer Kellermeisterin Sandrine Lorgette-Jardin, Grand-Cru-Champagner der ganz noblen Art, aufrecht, scharf geschnitten und von souveräner Tiefe, noch so ein großes, von einer Frau gemachtes Kaliber.

Klassische Weinbar-Snacks

Bei den Naturweinen sorgt Klinger mit Coulée de Serrant und Gravner dafür, dass die jungen Leute bei aller Begeisterung nicht vergessen, wo die Ursprünge dieser neuen, bleibenden Entwicklung verortet sind – und wie hoch die Messlatte liegt.

Das ist natürlich nicht geschenkt, günstiger als hier wird man diese Weine aber auswärts kaum trinken können – so nicht gerade Lockdown ist. Um zwölf Euro Stoppelgeld wird einem die Flasche runtergekühlt und Glaskultur der Extraklasse geboten. Kein Wunder, dass die Hütte auch in den letzten Tagen vor dem Lichtaus gebrummt hat, als würde es kein Morgen geben.

Das könnte auch damit zu tun haben, was Willi Klinger sich zum Thema Essen überlegt hat: nur keine kreativen Ergüsse, sondern klassische Weinbar-Snacks in einer Qualität, die man sonst nicht so bald findet. Schon der Schinken-Käse-Toast, ein mächtiger Lappen in Butter hergeknusperter Herrlichkeit, gerät zum Statement: mit ordentlich Beinschinken und Tannheimer Bergkäse vom Pöhl gefüllt, der ganz köstlich lange Fäden zieht, erschütternd gut.

Reifes Fleisch

Oder der Charcuterie-Tower, eine Tripel-Etagere, vollgepackt mit wirklich gutem Aufschnitt: San Daniele von Prolongo zum Beispiel, unendlich süßer Schmelz aus dem kleinsten Schinkenhaus des Friaul; Chorizo von Joselito, dem Eichelschweinflüsterer aus Salamanca, oder Coppa vom Pretzhof, dem legendären Bauernhof gleich hinter dem Brenner, einer der besten Adressen in den Alpen.

Pasta al Tonno
Foto: Gerhard Wasserbauer

Den Pretz-Lardo, zart geräuchert, sollte man sich übrigens extra dazubestellen, besseres Fett ist nicht zu kriegen. Dazu gibt es die kleinen Gürkchen von Staud’s, Taggiasche-Oliven von Orto di Liguria und andere Köstlichkeiten, die man sich im Shop fixfertig für daheim einpacken lassen kann.

Dasselbe gilt auch für die Grundprodukte etlicher der warmen Optionen. Spaghetti von Di Martino zum Beispiel, mit Ortiz-Thunfisch und ein bissel Jungzwiebel zu einer Pasta al Tonno (siehe Bild) hochgedreht, hat nichts von Studentenfutter an sich.

Oder Tajarin von Marco Giacosa aus der Langhe, handgeschnittene Pasta mit 36 Dottern je Kilo Mehl, pur mit Butter und Salbei, nimmt einen in den Arm wie ein lange vermisster Freund. In den kommenden Wochen darf man sich diese Sachen halt nur aus dem Shop greifen. Wir werden es überleben. Sorgen muss man sich um die gastlichen Häuser! (Severin Corti, RONDO, 6.11.2020)

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