Auch die Sponsorings für den früheren Bundesligisten SV Mattersburg beschäftigen die Ermittler.

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Vor etwas mehr als vier Monaten, so könnte man es etwas despektierlich ausdrücken, war die Commerzialbank Mattersburg in Österreich kaum jemandem ein Begriff. Schon eher kannte man, vor allem als Fußballinteressierter, den langjährigen Chef des kleinen Regionalinstituts, Martin Pucher. Über den Fußballklub SV Mattersburg (SVM), dessen Präsident Pucher bis vor kurzem war und der in seiner Ära in den Himmel der Bundesliga aufgestiegen war. Und der über eine (eigentlich: erstaunlich) gute finanzielle Ausstattung verfügte, dank großzügiger Sponsoren.

Dass die das Geld dafür aus der Bank bekommen haben dürften, deren (zumeist schwer angeschlagene) Kreditkunden und/oder Aufsichtsratsmitglieder sie auch waren, das darf man heute vermuten.

Tippgeber und Blümel vor U-Ausschuss

Vor etwas mehr als vier Monaten also flog der Commerzialbank-Skandal auf und seither weiß man allerorten, dass es das (inzwischen insolvente) Institut gab. Fast 600 Millionen Euro an Geschäft haben die Exchefs Pucher und Frau K. erfunden, so haben sie gestanden. Im Burgenland schlägt sich das nun in einem Untersuchungsausschuss des Landtags nieder – am Donnerstag, beginnen die Befragungen.

Geladen sind zwei Whistleblower (sie sollen abseits der medialen Öffentlichkeit aussagen) und für Nachmittag Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), Pucher und Frau K. Wobei Pucher gesundheitlich angeschlagen ist, ob er mitten in der Corona-Pandemie tatsächlich kommt, ist unklar. Die beiden Exchefs könnten sich angesichts des Strafverfahrens auf ihr Entschlagungsrecht berufen, zudem hat sie der Masseverwalter des Instituts, die Kanzlei Kosch & Partner, aus rechtlichen Gründen nicht vom Bankgeheimnis entbunden, wie es in einem Schreiben heißt.

Aufsicht fand nichts

Im U-Ausschuss geht es um die politische Verantwortung, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt unter anderen gegen Exbanker, unbekannte Täter in der Aufsichtsbehörde FMA, Kreditkunden und Aufsichtsratsmitglieder. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.

Die Aufsicht (die FMA vergibt die Prüfaufträge, Notenbanker führen sie aus) hat im Lauf der Jahre ja viele Vor-Ort-Prüfungen durchgeführt, auf die Malversationen kam sie aber nicht drauf. Auch nicht 2015, als das erste Mal ein Whistleblower sachdienliche Tipps gegeben hat.

Herumwacheln mit 500er-Scheinen

Vor allem die Bargeldtransaktionen Puchers nahmen die Ermittler zuletzt unter die Lupe. "Ich gehe wieder zum Boss", habe ein Schaltermitarbeiter gemeint und dabei mit einem Bündel aus 500-Euro-Scheinen herumgewachelt, beschrieb eine Zeugin die Geldbeschaffung bildhaft. Wie es mit dem Bargeld dann unter Umständen weiterging, schilderte einer der Beschuldigten aus dem Gastronomiebetrieb des SVM und dem Mattersburger Beherbergungsbetrieb der Bank, der Florianihof Betriebs GmbH. Beide sind nun insolvent.

Pucher habe ihm Bargeld hingehalten, er habe einen Geschäftsfall konstruiert und das Geld dann bar aufs Firmenkonto eingezahlt. Geschehen sei das immer dann, "wenn die Umsatzzahlen geschönt werden mussten". So habe er etwa die dreimalige Übernachtung einer Busgruppe fingiert, konkrete Anweisungen dafür habe ihm Pucher gegeben.

Gratisgetränke für echte Gäste

Ob angesichts solch fingierterRechnungen nicht auffiel, dass beispielsweise keine Lebensmittel fürs Frühstück verbraucht wurden? Nein, denn es gab laut dem Beschuldigten auch eine "Wareneinsatzkorrektur". Und zwar in Form von Gratiszuwendungen an Gäste, etwa "eine Runde Gratisgetränke".

Diese "Umsatzverschönerung" gab es auch für die SVMGastronomie GmbH des Vereins. Da soll ein Beschuldigter nach den Matches die Umsatzliste samt Geld zu Pucher gebracht haben, der ihm dann angeschafft habe, "was dazu gekauft wird". Die Umsatzliste sei dann erneuert worden, den Differenzbetrag habe ihm der Bankchef bar gegeben, das Geld landete am Firmenkonto, heißt es im Einvernahmeprotokoll.

Getränke mit Pucher entleert

Und, so der Beschuldigte: "Anschließend habe ich die von Pucher 'gekauften' Getränke natürlich auch nach seiner Anweisung entleeren müssen. Anfänglich hat er mir sogar dabei geholfen." (Die Frage, wohin entleert wurde, stellten die Ermittler leider nicht.) Warum der Mann bei alldem mitgemacht hat? Er habe sich von Pucher unter Druck gesetzt gefühlt, sagte er aus.

Hinterfragt hat er das alles offenbar nicht. Das Bargeld habe Pucher "aus seiner Jackentasche rausgezählt", er selbst habe vermutet, Pucher sei Millionär oder habe "gute Geschäfte" gemacht. Um Peanuts ging es dabei laut den Ermittlern nicht. Allein die "Umsatzzuwendungen" Puchers an die Florianihof Betriebs GmbH sollen 80.000 Euro im Monat betragen haben.

Weihnachtsgeschenke für SVM-Fans

Und manchmal hat es sogar Gold geregnet. Beim letzten Heimspiel vor Weihnachten pflegte Pucher laut einem Beschuldigten Geschenksäckchen an die SVM-Spieler zu übergeben, die die Sackerln dann ins Publikum warfen. Welche Präsente drin waren? Fanartikel, Fußbälle – aber auch Goldmünzen. (Renate Graber, 5.11.2020)