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Autobauer wie Tesla werden zu neuen Ikonen der US-Wirtschaft. Aber produziert und verkauft wird ganz groß in China.

Foto: AP / Ian Maule

1. It’s The Economy, Stupid

Die Wirtschaft der USA dürfte heuer um rund vier Prozent schrumpfen. Obwohl viele Indikatoren wie Konsumlaune und Industrieaufträge eine starke Aufholjagd offenbaren, machen sich Sorgen breit, dass die zweite Welle der Pandemie vielen Branchen einen Strich durch die Rechnung macht.

Es kommt hinzu, dass die Schubkraft des im März lancierten Konjunkturpakets in Höhe von 2,2 Billionen US-Dollar nachlässt. Demokraten und Republikaner konnten sich vor der Wahl nicht auf ein zweites Ausgabenpaket einigen. Je eher sich die Machtverhältnisse im Kongress und im Weißen Haus geklärt haben, desto besser: Heuer gingen mehr als 22 Millionen Jobs verloren, von denen bisher nur gut die Hälfte neu geschaffen wurde.

Eine große Baustelle am Arbeitsmarkt betrifft auch die gesunkene Zahl der US-Bürger, die nach einem Job suchen. Die Arbeitslosenrate erfasst nur jene Personen, die sich aktiv um Stellen bemühen. Der Anteil der Aussteiger aus dem Arbeitsmarkt hat nach der letzten Krise 2008 auf höherem Niveau stagniert. Die nächste Regierung muss verhindern, dass sich der neuerliche Anstieg wieder verfestigt.

2. Offener Handelsstreit

Eigentlich wollte Donald Trump mit Zöllen eine von ihm wahrgenommene Schwachstelle der US-Wirtschaft verkleinern: dass nämlich die Amerikaner mehr Güter importieren, als sie exportieren; mit anderen Worten: das Handelsdefizit. Gelungen ist das nicht. Im August erreichte das Defizit mit einem Minus von 67 Milliarden Dollar den höchsten Stand in 14 Jahren.

Trump hat aber mit angedrohten und realen Zöllen erfolgreich andere Länder an den Verhandlungstisch geholt. Mit Kanada und Mexiko erneuerten die USA das Nafta-Abkommen. Auch mit Japan unterzeichneten Washington einen Deal. Und mit der EU gab es im August eine Einigung auf Zollsenkungen. In letzteren beiden Fällen hätten die von Trump boykottierten Abkommen – TPP mit Japan und anderen Pazifikstaaten und TTIP mit Europa – weit größere Marktöffnungen gebracht.

Ob die unter Barack Obama vorangetriebene Handelsliberalisierung wieder aufgenommen wird, ist selbst bei einem Sieg seines Ex-Vizes Joe Bidens nicht sicher. Dieser flirtet etwa mit protektionistischen Beschaffungsprogrammen durch die öffentliche Hand. Die Baustelle Handelskonflikte dürfte bleiben.

3. Entflechtung mit China

Der von Trump entfachte Handelsstreit zielte vor allem auf China ab. Die USA verhängten Strafzölle auf chinesische Einfuhren im Wert von fast 500 Milliarden Dollar. Peking verhängte ebenfalls Strafzölle, was vor allem US-Farmer traf, deren Einkommen mittlerweile zu einem Drittel aus Kompensationszahlungen Washingtons besteht.

Im Feber einigten sich beide Seiten auf die erste Phase eines Abkommens. Peking würde mehr aus den USA kaufen. Im Gegenzug begann Washington, einen Teil der Zölle zu reduzieren. Bisher verfehlt China die Importziele um etwa die Hälfte.

Die Rivalität entfaltet sich auch in Sanktionen gegen einzelne Unternehmen wie Huawei. Doch für US-Firmen steht mehr auf dem Spiel: Sie machten zuletzt den dreifachen Umsatz in der Volksrepublik, den chinesische Firmen in den USA erzielten, wie eine Untersuchung der Boston Consulting Group zeigt.

Peking ist sich dessen bewusst. Im neuen Fünfjahresplan der kommunistischen Führung ist von mehr ökonomischer Unabhängigkeit die Rede. Der US-Präsident steht wegen dieser strategischen Entkopplung vor der vielleicht größten Herausforderung der kommenden Jahre.

4. Gesundheit in Zeiten der Pandemie

Das US-Gesundheitswesen steht permanent zur Diskussion. Die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, wie drastisch die Folgen sind, wenn die gesundheitliche Versorgung nicht gesichert ist. Mit mehr als 230.000 Todesfällen gibt es in den USA bisher die meisten Corona-Opfer. Die Republikaner kämpfen seit Jahren dafür, die Gesundheitsreform von Ex-Präsident Barack Obama zu kippen, die rund 20 Millionen Amerikanern eine Krankenversicherung brachte – aber zum Teil auch höhere Zahlungen. Donald Trump versprach fortwährend einen eigenen Gesundheitsplan, der besser und günstiger als die "schreckliche Obamacare" sein werde. Diesen Plan blieb er aber schuldig. Kommen soll er, wenn das Oberste Gericht kommendes Jahr die Obama-Reform kippen sollte – und Trump im Amt bleibt.

Joe Biden kündigt an, Obamacare auszuweiten, vor allem für Geringverdiener. "Jeder sollte das Recht auf eine bezahlbare Gesundheitsversorgung haben", sagte Biden. Dabei solle es die Wahl geben zwischen einer Privatversicherung und der Option auf eine öffentliche Versorgung. Auch für leistbare Medikamentenpreise will Biden sorgen.

5. Steuern runter und Schulden rauf

Mit seiner Steuerreform hat Trump 2017 einen wesentlichen Impuls für die wirtschaftliche Entwicklung in seiner Amtszeit geliefert. Es war die größte Steueränderung seit Ronald Reagan vor 40 Jahren. Das Volumen betrug 1500 Milliarden Dollar und war nicht nur eine Tarifsenkung, sondern enthielt viele strukturelle Änderungen. Profitiert haben alle – die unteren und oberen Einkommensschichten wurden jährlich um 1,5 Prozent entlastet, die Mittelschicht mit drei Prozent. Auf Unternehmensseite war die Senkung des Körperschaftssteuersatzes von 35 auf 21 Prozent der größte Schritt. Damit war die Steuerreform auch eine Kampfansage an die Hochsteuerländer Europas. Laut dem Ifo-Institut wurde damit die effektive Steuerbelastung der US-Unternehmen an jene in Österreich und den Niederlanden angeglichen – Deutschland, Spanien oder Frankreich wurden unterboten. In Summe wurden die USA jedenfalls als Standort und für Firmenansiedelungen sowie Investitionen attraktiver.

Größter Verlierer, und damit eine Baustelle für die kommende Regierung, ist der Steuerzahler der Zukunft. Denn die Steuerreform ist nur auf zehn Jahre bis Ende 2027 befristet. Grund dafür ist, dass das US-Schuldenlimit eine Genehmigung in längerem Ausmaß nicht erlaubt hätte. Die Schulden der USA sind zuletzt auf ein Rekordniveau von 27 Billionen US-Dollar gestiegen. Nicht gelungen ist bislang eine größere Rückführung milliardenschwerer Liquiditätspolster von US-Unternehmen wie Apple oder Microsoft aus dem Ausland. (Bettina Pfluger, Leopold Stefan, 5.11.2020)