Kosovos Präsident Thaçi tritt nach eigenen Angaben zurück, um die Integrität des Staates zu schützen.

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Pristina – Der kosovarische Präsident Hashim Thaçi ist nach der Bestätigung der Kriegsverbrechen-Anklage gegen ihn zurückgetreten. "Ich werde nicht als Präsident vor Gericht erscheinen. Um die Integrität des Staates zu schützen, trete ich heute zurück", erklärte er am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Prishtina.

Das Kosovo-Sondertribunal in Den Haag habe die vorläufige Anklage gegen ihn nunmehr bestätigt, sagte er. Interimistische Staatschefin soll der Verfassung entsprechend Parlamentspräsidentin Vjosa Osmani werden, berichteten kosovarische Medien.

Das kosovarische Sondergericht bestätigte nun auch die Anklage gegen den früheren Parlamentspräsidenten Kadri Veseli. Der 53-jährige Chef der Demokratischen Partei (PDK) hat Medien gegenüber gesagt, dass er noch im Lauf des Tages nach Den Haag reisen wolle.

Oberkommando im Unabhängigkeitskrieg

Thaçi war während des Unabhängigkeitskriegs 1998/99 Oberkommandierender der kosovoalbanischen Untergrundarmee UÇK. Die Staatsanwaltschaft des Sondertribunals hatte bereits im Juni gegen ihn und mehrere andere ehemalige UÇK-Kommandanten vorläufige Anklage erhoben.

Diese legte den Politikern schwere Verbrechen in zehn Punkten zur Last, darunter Mord, Verfolgung und Folter. Hunderte Kosovoalbaner, Serben, Roma und Angehörige anderer ethnischer Gruppen sowie politische Gegner gehörten der Anklage zufolge zu ihren Opfern.

Mehr als 10.000 Tote

Das Gericht in Den Haag gehört formal zur Justiz des Kosovo. Es war auf internationalen Druck aber in Den Haag eingerichtet worden, um die von der kosovoalbanischen Seite begangenen Verbrechen während des Unabhängigkeitskriegs strafrechtlich zu verfolgen. In dem Krieg gab es mehr als 10.000 Tote und hunderttausende Vertriebene. Die meisten Opfer gingen auf das Konto der Sicherheitskräfte Serbiens, dem die mehrheitlich von Albanern bewohnte Region zugehörte. Mit ihren Verbrechen beschäftigte sich das von 1993 bis 2017 existierende Internationale Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien in Den Haag. (APA, 5.11.2020)