Es ist vornehmlich Erdgas, das viele Haushalte zum Kochen nutzen. Geht es nach dem Willen der Gaswirtschaft, soll künftig mehr "grünes" Gas durch die Leitungen fließen.

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Wien – Hundert Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen bis zum Jahr 2030 klingt harmloser, als es ist. Zur Umsetzung dieses von der türkis-grünen Regierung fixierten Ziels, mit dem die CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energien zurückgefahren werden sollen, sind es nur mehr zehn Jahre. Was häufig vergessen wird: Wenn mehr Strom aus Wind- oder Solarparks im Netz ist, nimmt die Volatilität in der Erzeugung zu.

Und es braucht einen Ausgleich. Es kann nur soviel Strom ins Netz eingespeist werden, als zum selben Zeitpunkt benötigt wird. Strom, der nicht verbraucht werden kann, muss gespeichert oder darf erst gar nicht produziert werden. Da sieht nun die Gasbranche ihre Chance.

"Grünes" Gas als Missing Ling

Missing Link zwischen Angebot und Nachfrage könnte nach Ansicht von Branchenvertretern "grünes" Gas, gewonnen aus Biogasanlagen oder durch Umwandlung von überschüssigem Strom, sein. Gas ist zwar auch fossil, im Vergleich zu Erdöl aber um ein Viertel weniger CO2-intensiv und auch hinsichtlich Feinstaubs das geringere Übel. Durch Gewinnung von Gas aus erneuerbaren, heimischen Quellen sei auch die Umwelt- und volkswirtschaftliche Bilanz eine gute, sagen Proponenten – und verweisen auf die bereits vorhandene Infrastruktur. "Grünes" Gas könnte somit zu einem Turbo für die Energiewende werden.

In Österreich gibt es 3000 km an Ferngasleitungen und ein Verteilnetz, das etwa 43.000 Kilometer umfasst. "Das verrotten zu lassen oder zurückzubauen wäre wirtschaftlich unsinnig", sagte Wolfgang Trimmel, Chef der Netz Burgenland GmbH, bei einer Videokonferenz des von Ex-SPÖ-Politikerin Brigitte Ederer geleiteten Forums Versorgungssicherheit.

Überschüssigen Strom nutzen

Mit überschüssigem Strom aus Windparks oder Solaranlagen könnte durch Elektrolyse Wasserstoff erzeugt, die dabei anfallende Wärme in Fernwärmenetze eingespeist werden. Damit würde auch der Wirkungsgrad und somit die Wirtschaftlichkeit steigen. Ein entsprechendes Pilotprojekt soll demnächst in Neusiedl im Burgenland starten. Der Plan ist, bis zu zehn Prozent Wasserstoff normalem Gas in der Leitung beizumischen.

Wirtschaftlich darstellbar sei das Ganze ohne Förderung wohl noch längere Zeit nicht, notwendig zur Umsetzung der Energiewende schon. Trimmel hofft, dass im Gasgesetz, das derzeit in Ausarbeitung ist und gemeinsam mit dem Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) Anfang 2021 in Kraft treten soll, Unterstützungszahlungen vorgesehen sind. (Günther Strobl, 6.11.2020)