Die Katastrophenberichterstattung ist das mediale Äquivalent zu einer Blutwurst, nur lehrreicher. In Oe24 kann man in Echtzeit lernen, wie es bei einem Terroranschlag fetzt.

Foto: APA / Georg Hochmuth

Der Krisenkolumnist ist ein immenser Freund der Zeitung Österreich und der elektronischen Medien-Auswüchse, die sie umgeben. Ich bin, um in ihrem Jargon zu sprechen, geradezu "versext" von diesen edlen Produkten. Ich könnte ohne sie nicht leben und muss sie endlos loben.

Die zurückhaltende Berichterstattung etwa, bei der höchstens in neun von zehn Artikeln etwas gespalten wird: Corona spaltet Österreich, spaltet die EU, spaltet die ganze Welt, spaltet den Kosmos, spaltet Laa an der Thaya. Lobenswert die tolle Bildauswahl. Bei jedem Messermord hilft Österreich allen, die nicht wissen, was ein Messer ist, zuverlässig mit einem Messerbild aus dem hausinternen Messerarchiv auf die Sprünge. Meist fällt dann schnell der Groschen: "Aso, des is a Messer. Ich hob gmaant, des haaßt Feitl."

Zwischen "Kult" und "Poker"

Lobenswert die perfekte verbale Bewältigung selbst diffizilster Sachverhalte durch die Österreich-Sprache, welche als – zaghafter – Fortschritt im Vergleich zum Primatenschrei "Uga! Uga!" gelten darf. Alles, was es gibt, ist ein "Kult" oder ein "Poker", entweder oder. Diese binäre Einteilung aller denkbaren Phänomene ist eine Bravourleistung an Inklusion, erlaubt sie es doch selbst Geistesschwachen, sich aus Österreich-Versatzstücken ein kleines, wenn auch unterkomplexes Weltbild zusammenzubasteln.

Inklusiv die Gewohnheit, Formeln wie "Wir sind Lockdown!" zu verwenden, wo gleich die ganze Leserschaft per "Wir" ins Österreich-Kollektiv einverleibt wird. Hoffentlich kommt Fellner nie auf die Idee, "Wir sind fetzendeppert" aufs Titelblatt zu drucken!

Die Katastrophenberichterstattung ist das mediale Äquivalent zu einer Blutwurst, nur lehrreicher. In Oe24 kann man in Echtzeit lernen, wie es bei einem Terroranschlag fetzt. Eine Klickgranate! Damit nicht nur Herausgeber, Polizei und "Islamischer Staat" etwas zu lachen haben, sondern auch die Angehörigen der Opfer!

Österreich leistet gesellschaftspolitisch Großes, darum muss es belohnt werden. Von der Bundesregierung wird es finanziell besonders reichhaltig alimentiert, aber leider gibt es auch Neider und Nörgler, die Österreich seine gut durchbluteten Terrorberichte missgönnen und Anzeigen stornieren, Petitionen organisieren oder sich massenhaft an den Presserat wenden. Was man dazu sagen soll? "Wir sind Undank!", leider. (Christoph Winder, 7.11.2020)