Ein polnisches Lokal in Salzburg – das derzeit so wie viele andere "geschlossen" ist.

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Wenn technisch alles klappt, sollte es schnell und einfach gehen. Vom Lockdown voll betroffene Betriebe sollen laut Ankündigung von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) ab Freitag, 14 Uhr via Finanz-Online-Website um neue Hilfen ansuchen können.

Dabei werden den Betrieben 80 Prozent des Umsatzes auf Basis der Zahlen vom November 2019 ersetzt. Die Betriebe müssen die Zahlen nicht selbst errechnen, der Antrag reicht, die Finanz wird den entsprechenden Betrag auszahlen, sagte Finanzminister Blümel bei der Vorstellung des neuen Pakets.

Die Bedingungen sind diesmal für Gastronomie, Hotellerie, aber auch Unternehmen aus der Freizeitindustrie, die allesamt behördlich schließen mussten, ausgesprochen günstig: So können die Betriebe 80 Prozent des Umsatzes ersetzt bekommen, müssen aber auch Personalkosten, die ihnen aktuell vom AMS ersetzt werden, nicht gegenrechnen. Derzeit läuft Phase III der Kurzarbeit, vom Lockdown betroffene Betriebe können die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter derzeit auf null setzen.

Kogler und Blümel sehen keine unfaire Überförderung

Sofern Unternehmen ihr Geschäft herunterfahren mussten, sinken aber naturgemäß auch die Ausgaben für Waren. Ein Gastro- oder Hotelbetrieb bestellt im Regelfall vier bis fünf Tage vorher Frischwaren wie Fleisch, Gemüse oder Obst, heißt es aus der Branche. Sprich: Der Großteil der Warenausgaben entfällt.

Ist das zu rechtfertigen? Kogler und Blümel waren sich bei ihrem Auftritt einig: ja. Kogler meinte zwar, es werde im November tatsächlich zu Überförderungen kommen. "In den vier Wochen im November kann sich ein besseres Bild ergeben als vor einem Jahr." Aber: Wenn man sich das gesamte Jahr ansieht, sei klar, dass sich das Gesamtbild ändere, dann könne man nicht von einem Geschäft auf Staatskosten sprechen.

Gesamtkosten des Umsatzersatzes laut Blümel: eineinhalb bis zwei Milliarden Euro.

Kritik von Thinktank

Deutliche Kritik an dem Modell kommt dagegen vom gewerkschaftsnahen Momentum-Institut. Momentum hat sich auf Basis von Umsatzzahlen der KMU-Forschung Austria, eines Thinktanks, angesehen, wie die Kostenstruktur von Beherbergungs- und Gastrobetrieben aussieht. Nimmt man dies als Basis, so wäre es für einen Betrieb, der gar keine Umsätze im November erzielt, möglich, 35 Prozent des Umsatzersatzes als Gewinn zu verbuchen.

Diese Rechnung beinhaltet eben, dass abzüglich Personalkosten und niedrigerer Warenkosten Unternehmen Fixkosten wie Miete und Versicherungen weiter zahlen müssen. "Ohne Abzug von Kurzarbeit ist das ein ausgezeichnetes Geschäft für viele Unternehmen", heißt es bei Momentum.

Die Österreichische Hoteliervereinigung sprach dagegen davon, dass der "rasche Umsatzersatz richtig und wichtig" sei und viele Betriebe der Branche nach einem kaputten Jahr "retten" werde.

"Wie geht es weiter?"

Sepp Schellhorn von den Neos spricht davon, dass die neuen Maßnahmen tatsächlich "großzügig" angelegt seien. Da vor allem im Westen viele Betriebe im November ohnehin geschlossen haben oder nur wenig Umsatz erzielen, schaue für viele dieser Betriebe wenig heraus. Für die Stadthotellerie und Gastrobetriebe in Städten sei das eine "gute Geschichte". Schellhorn kritisiert zugleich, dass die Regierung seiner Meinung nach keinen langfristigen Plan habe, auch nach dem November werde es wohl weitere Lockdowns geben: "Wie geht es dann weiter?"

Die aktuelle Richtlinie soll vorerst bis Ende November gelten. Unternehmen, die um Hilfen ansuchen, stimmen auch zu, vom 3. November bis zum Ende des Monats keine Mitarbeiter zu kündigen. Für Betriebe, die auf Zustellung umgestellt haben, gibt es ebenfalls eine gute Nachricht: Auch die Umsätze aus diesem Geschäft müssen von der 80-prozentigen Umsatzentschädigung nicht abgezogen werden. Angerechnet werden müssen allerdings staatliche Kreditgarantien. Wenn der Staat etwa für einen Kredit in Höhe von 500.000 Euro haftet, muss das gegengerechnet werden. Maximal zulässig ist es, pro Betrieb 800.000 Euro via Umsatzhilfe zu beantragen. In Deutschland erhalten Unternehmen eine 75-prozentige Entschädigung, das Kurzarbeitsgeld in einzurechnen.

Von den Hilfen in der beschriebenen Form profitieren übrigens alle vom Lockdown betroffenen Branchen, also etwa auch Fitnesscenter und Kinos. Mischbetriebe können für jenen Teil des Unternehmens, der vom Lockdown betroffen ist ebenso Ersatz beanspruchen. Typisches Beispiel: Möbelhäuser mit Restaurant.

Fixkostenzuschuss zur Überbrückung

Auch beim Fixkostenzuschuss tut sich etwas: Unternehmen, die nicht direkt von den Maßnahmen betroffen sind und derzeit dennoch deutliche Umsatzeinbußen verzeichnen, sollen einen "Überbrückungs-Fixkostenzuschuss" erhalten. Dieser funktioniert im Prinzip gleich wie der normale Zuschuss und soll noch im November verfügbar sein, wie es heißt. Als Beispielunternehmen werden in Blümels Ressort Friseure oder Geschäfte genannt, die in großen, nun geschlossenen Hotels eingemietet sind.

Die Deckelung des am Freitag verkündeten Zuschusses beträgt 800.000 Euro – bereits erhaltene Hilfen werden davon allerdings abgezogen. Dazu zählen Länderförderungen, die 100-Prozent-Garantien oder Förderungen für Nichtregierungsorganisationen. Nicht abgezogen wird die Kurzarbeit und auch die Phase 1 des Fixkostenzuschusses wird nicht gegengerechnet. Für betroffene Unternehmen ist auch eine Kombination von November-Umsatzersatz und Fixkostenzuschuss – für die Monate außer November – möglich.

Der neue Zuschuss ist "zusätzlich zur Phase 2" zu verstehen, heißt es im Finanzministerium. Die Details jener zweiten Phase waren in den vergangenen Monaten Streitpunkt zwischen Blümel und der EU. Die Verhandlungen zur zweiten Phase sollen nun parallel zu den neu angekündigten Zuschüssen weitergeführt werden. Geplant ist weiterhin, dass die zwei Phasen des Fixkostenzuschusses nahtlos ineinander übergehen müssen, sofern das Unternehmen für die maximale Zeit Unterstützungen erhalten will. Bisher wurden rund 31.000 Anträge für den Zuschuss gestellt, 284,3 Millionen Euro ausbezahlt. (András Szigetvari, Nora Laufer, 6.11.2020)