Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) sieht die Verantwortung für die Bankenaufsicht nicht im Finanzministerium.

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Wien – Der Klagsreigen rund um die Pleite der Commerzialbank hat begonnen. Das Land wurde verklagt, der Masseverwalter hat den langjährigen Bankprüfer, die TPA Wirtschaftsprüfung GmbH, im September auf Schadenersatz (20 MillionenEuro) geklagt. Die TPA bestreitet, Fehler gemacht zu haben, sieht sich selbst als Opfer der Malversationen.

Der Masseverwalter dagegen geht laut seinem ersten Bericht an den Gläubigerausschuss davon aus, dass die Jahresabschlüsse "kein stringentes Bild" ergeben hätten und für einen Wirtschaftsprüfer "in keiner Weise plausibel sein konnten". Der Prüfer hätte die Jahresabschlüsse mit einem Versagungsvermerk versehen müssen, sie also nicht bestätigen dürfen.

"Potenzielles Fehlverhalten der Behörden"

Zudem überlegt Masseverwalter Kosch&Partner eine Amtshaftungsklage gegen die Republik; wie berichtet ortet er ein "Versagen des nationalen Banken-Aufsichtssystems". Der Schaden, den er aus dem "potenziellen Fehlverhalten der Behörden" seit 2010 errechnet: rund 303 Mio. Euro. Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) sagte am Donnerstag im U-Ausschuss in Eisenstadt freilich, es gehe bei der Sache um einen burgenländischen Bankenskandal. Das Ministerium sei für die Bankenaufsicht nicht zuständig und die Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA und die Oesterreichische Notenbank (OeNB; beide sind mit Agenden der Bankenaufsicht betraut) seien unabhängig und weisungsfrei gestellt.

Was er nicht erwähnte:Das Finanzministerium beaufsichtigt die Rechtmäßigkeit der FMA-Tätigkeit, stellt den Aufsichtsratschef der FMA sowie drei weitere Aufsichtsratsmitglieder. Die OeNB entsendet den Vize-Aufsichtsratschef und drei Kontrollore in die FMA, in deren Auftrag sie anderseits Vor-Ort-Prüfungen durchführt. Das tat sie auch in der Commerzialbank recht oft, ohne allerdings Malversationen zu finden. Die haben laut Pucher und Managerin K. bereits in den 1990er-Jahren begonnen.

Bares für Fußball und Zinsen

Der Masseverwalter hat inzwischen einiges aufgearbeitet, auch einen Teil der Bargeldtransaktionen vonExbankchef Martin Pucher. Allein 2010 bis 2019 flossen 156 Mio. Euro Bargeld aus der Bank ab, und zwar ohne Rechtsgrundlage.

Rund 56 Mio. Euro davon wurden für Rückzahlungen fiktiver Kreditraten, Zinszahlungen für Einlagen, fürs Sponsoring des Fußballklubs SVMattersburg, für dessen Heimspiele sowie Bezahlung von VIP-Karten ausgegeben. Der Verbleib der restlichen 99 Mio. Euro muss erst noch eruiert werden.

Bargeld persönlich bewacht

Stichwort Bargeld: Per 5. August 2020 lagerten satte 11,5 Mio. Euro an Bargeldreserven in der insolventen Bank; das Geld konnte aber erst am 7. August in die OeNB geliefert werden. Für die kurze Zeit dazwischen freilich fand sich kein Versicherer für das Geld, was dessen Lagerung in der Bank riskant machte. Letztendlich, so erhellt der Bericht des Masseverwalters, musste er die persönliche Bewachung des Bargelds drei Tage lang selbst bewerkstelligen. (Renate Graber, 7.11.2020)