Wohin gehen die Managergehälter? Die AK will eine Neuausrichtung.
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Ist es eine Ungerechtigkeit oder einfach nur Neid? Beide Gefühle müssen herhalten, wenn die Entlohnung heimischer Spitzenmanager ins Gerede kommt – hierzulande etwa jene von OMV-Chef Rainer Seele, der mit 7,2 Millionen Euro für 2019 als Österreichs Gagenkaiser gilt. Dabei sind hohe Bonuszahlungen in den Augen von Arbeiterkammer(AK)-Expertin Christina Wieser im Corona-Jahr 2020 vor allem eines: unpassend, wenn Arbeitnehmer entlassen oder in Kurzarbeit geschickt werden.

Um Derartiges künftig zu erschweren, fordert Wieser, die für die AK die Vorstandsvergütung in den ATX-Unternehmen untersucht, ein grundlegendes Umdenken: Neben finanziellen Zielen sollten auch soziale Faktoren und die Umwelt für die Höhe der Bonuszahlungen der Spitzenmanager – die hierzulande etwa so hoch sind wie die Fixvergütungen – entscheidend sein. "Es ist eine Chance, eine Neuausrichtung zu schaffen", sagt Wieser über die Krise. Denn Vorstände würden Unternehmen entsprechend ihrer Zielvorgaben führen.

Rückgang erwartet

Wie werden sich die Vorstandsgehälter für das Corona-Jahr 2020 entwickeln? "Für heuer erwarten wir schon einen Rückgang", sagt Wieser – warnt jedoch vor Manövern wie nach der Finanzkrise 2009: Als damals die Vorstandsboni sanken, sei dies durch höhere Fixvergütungen ausgeglichen worden. "Diese Fehlentwicklung soll sich auf keinen Fall wiederholen", betont Wieser.

Im Jahr 2019 verdiente jeder Vorstand eines ATX-Unternehmens im Mittel fast zwei Millionen Euro, das entspricht dem 57-Fachen eines Durchschnittslohns im Unternehmen – ein leichter Rückgang gegenüber 2018, nachdem die Gehälter zuvor jahrelang deutlich gestiegen waren. Mit eine Ursache: Für 2019 verzichtete der Bawag-Vorstand wegen Corona auf den Jahresbonus. Bemerkenswert: Trotzdem lagen vier Vorstandsmitglieder der Bank im Vorjahr unter den Top Ten der ATX-Gagenkaiser.

Spitzenverdiener wie OMV-Chef Seele oder die Bawag-Vorstände haben Wieser zufolge bei der Entlohnung internationales Niveau erreicht, während Österreich im Allgemeinen keineswegs im Spitzenfeld liegt. Mit den internationalen Gepflogenheiten beschäftigt sich Ann-Christine Schulz, die für die FH Wien der Wirtschaftskammer an dem Thema forscht. Auch sie weist auf das schiefe Bild hin, wenn Manager während der Corona-Krise Bonuszahlungen kassieren – obwohl sich diese ja auf 2019 beziehen. Sie empfiehlt Firmen daher, Boni nur dann auszuzahlen, wenn weder der Staat noch das Unternehmen in einer Krise seien.

Reputation leidet

Anderenfalls drohe Schulz zufolge speziell bei sensiblen Elementen wie Aktienoptionen die Reputation zu leiden, was sich negativ auf die Marke sowie bei der Finanzierung und bei der Mitarbeitersuche auswirke – ihrer Ansicht zu Recht, denn: "Die Gesellschaft hat einen gewissen Anspruch darauf, dass ein Unternehmen verantwortungsvoll mit seinen Mitteln umgeht." Daher sei eine gewisse Zurückhaltung bei den Managergehältern angebracht, um in der öffentlichen Wahrnehmung kein Porzellan zu zerschlagen. "Ist die Reputation einmal beschädigt", betont Schulz, "bedarf es vieler kleiner Schritte, um sie wiederherzustellen."

Wie Schulz klagt auch AK-Expertin Wieser über viel Intransparenz zu dem Thema – in den Jahresberichten sind die Informationen zumeist sehr kompliziert und schwer nachvollziehbar dargestellt. "Das zieht sich durch alle Geschäftsberichte", sagt sie über die ATX-Unternehmen. Dabei sei es möglich, die Entlohnung der Vorstände über die gesetzlichen Vorgaben hinaus transparent darzustellen. (Alexander Hahn, 8.11.2020)