Macron und Kurz bei einem Treffen im März des Vorjahres.

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Der Terroranschlag eines Islamisten im Zentrum von Wien hat die mächtigsten Politiker in Europa aufgeschreckt. Auf Initiative von Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron gibt es nun Anfang nächster Woche einen kleinen, exklusiven EU-Gipfel per Videokonferenz.

Einziges Thema: Wie können die Staaten und die EU der Radikalisierung von Muslimen begegnen, islamistische Netzwerken bekämpfen, der Terrorgefahr begegnen? Auch Maßnahmen zur besseren Grenzsicherung nach innen wie nach außen sollen besprochen werden.

"Kerneuropa der Sicherheit"

Ginge es nach dem Willen von Paris, sollte das gesamte Schengen-Regelwerk, wie man mit Grenzkontrollen umgeht, auf den Prüfstand kommen. Ähnlich wie schon beim Euro könnte eine Art "Kerneuropa der Sicherheit" entstehen.

Neben dem Franzosen nehmen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der ständige Ratspräsident Charles Michel und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel teil, die derzeit den EU-Vorsitz führt. Erweitert wird diese Runde überraschend durch Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz – eine Art deutsch-französischer Vorstoß plus.

Ihn hatte Macron als einen der ersten Staatschefs gleich nach dem Anschlag angerufen, überaus emotional volle Solidarität mit den Österreichern ausgedrückt und auf die gesamteuropäische Dimension des Problems hingewiesen. Er fuhr auch in die österreichische Botschaft in Paris, um sich ins Kondolenzbuch einzutragen. Terror ist in Frankreich wegen vieler Anschläge Topthema.

Gemeinsam gegen den "politischen Islam"

Am Montag wollte Macron demonstrativ nach Wien reisen, um sich mit Kurz zu besprechen, was dann aber nicht klappte. Seit der Kanzler im Kreis der "Sparsamen Vier" beim EU-Budget zum Wiederaufbaufonds auf der Bremse stand, schien das Verhältnis abgekühlt.

Davon ist nun keine Rede mehr. Im Gegenteil sieht Macron den Österreicher als Verbündeten an. Im Kampf sowohl gegen den "politischen Islam" und den Terror, aber auch bei der restriktiven Haltung zu irregulärer Migration vertreten beide zu Hause eine harte Linie. Das gilt auch gegenüber dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan.

Auch wenn es um Staatsinteressen geht, ist die Einladung durch Macron für Kurz wie ein europapolitischer Ritterschlag. Im Juli beim EU-Gipfel hat das Duo Macron/Merkel ihn noch öffentlich attackiert. (Thomas Mayer, 7.11.2020)