Karl Newole setzt sich für Opfer und Hinterbliebene des Terroranschlags in Wien ein.

Foto: Standard/Urban

"Man kann das, was geschehen ist, nicht entschädigen", sagt Karl Newole. Aber man könne einen Beitrag leisten, die Opfer und Hinterbliebenen des Terroranschlags von vergangener Woche in Wien zu unterstützen. Das wäre, so Newole, angesichts des "Staatsversagens, eine höchst angebrachte Geste und eine Hilfe, um mit den Folgen des Attentats, zumindest materiell, besser zurechtzukommen".

Newole ist Anwalt, Bewohner des ersten Wiener Gemeindebezirks und Gründer der Liste "Wir im Ersten". Er schlägt die Einrichtung eines Entschädigungsfonds vor. Er soll mit staatlichen Geldern dotiert werden, die an Opfer und Hinterbliebene ausbezahlt werden. Im ersten Schritt soll Newole zufolge alles, was an Schäden da ist, zusammengetragen werden, diese dann von unabhängigen Sachverständigen geprüft werden, und schließlich soll das Geld zur Auszahlung kommen. Als Beispiele nennt er medizinische oder wirtschaftliche Folgen, die Menschen durch den Terrorakt erfahren haben.

Belastende Verfahren

Für die Betroffenen würde ein solcher Fonds eine Unterstützung sein – ohne sich belastenden und zeitintensiven Prozessen stellen zu müssen. "Angesichts der sukzessive zutage tretenden tödlichen Fehler in der Sicherheitsverwaltung wäre es würdelos, die Attentatsopfer nun auch noch Gerichtsverfahren mit allen damit verbundenen Belastungen auszusetzen", so Newole.

Einen Brief mit seinem Vorschlag hat er auch an Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) geschickt und ist guter Dinge, zu einem persönlichen Gespräch geladen zu werden.

"Außergewöhnliche Situationen erfordern auch außergewöhnliche Lösungen", sagt Newole zum STANDARD. In der Rechtsordnung seien zwar solche Fonds nicht vorgesehen, aber es liege an der Bundesregierung, hier als Reaktion auf den Anschlag aktiv zu handeln.

Newole will nicht nur unmittelbar Betroffenen Gelder zukommen lassen. Auch Ziele, die Verstorbene verfolgt hätten, sollen ihm zufolge von der Ausschüttung möglicher Gelder profitieren. Der Anwalt erwähnt den Nachruf der Schwester eines der Opfer, der im STANDARD erschienen war. Darin ist zu lesen, dass sich Gudrun S., jene 44-jährige Frau, die in der Terrornacht erschossen worden war, für Frauengewaltschutzprojekte eingesetzt habe.

Gegen Frauengewalt

Die Schwester der Verstorbenen hatte über sie geschrieben: "Sie hat sich seit ihrer Kindheit für Schwächere eingesetzt, sie war sehr engagiert im Schutz von Frauen vor Gewalt. Sie war eine große Verfechterin von Toleranz, sie war Betriebsrätin, sie war Mediatorin und wollte immer vermitteln. Für sie war ein Mensch in erster Linie ein Mensch, Geschlecht, Hautfarbe, Herkunft, gesellschaftlicher Stand, Aussehen, Glaube, Ansichten, Vorlieben waren nebensächlich und alles okay, solange kein anderer Mensch dadurch verletzt, gekränkt oder herabgewürdigt wurde."

Geht es nach Newole, sei es nun durchaus denkbar, dass die Republik im Sinne der Toten handle und etwa Projekte zur Eindämmung von Frauengewalt unterstütze.

Er lädt zudem weitere Betroffene und Hinterbliebene ein, sich bei seiner Bürgerliste zu melden, um sie bei weiteren Schritten zu unterstützen.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) erinnerte nach dem Terroranschlag an Ansprüche nach dem Verbrechensopfergesetz. Betroffene erhielten medizinische und psychosoziale Hilfe sowie Entschädigungen. Das Sozialministeriumservice (SMS) bemühe sich um eine prompte Abwicklung. Neben österreichischen oder EU-Staatsbürgern seien auch Drittstaatsangehörige anspruchsberechtigt. Zu den Opfern von Gewalttaten nach dem Verbrechensopfergesetz zählten auch Opfer von Terroranschlägen, hieß es. (Rosa Winkler-Hermaden, 9.11.2020)