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Obwohl US-Präsident Trump bislang keine Beweise für den angeblichen Wahlbetrug vorlegen kann, erlaubt sein Justizminister den Behörden, die Wahl noch vor der Bekanntgabe der Endergebnisse zu untersuchen.

Foto: AP / Evan Vucci

Washington – Donald Trump bestreitet seine Niederlage bei der US-Präsidentenwahl weiter und greift zu neuen Klagen, um das Ergebnis der Abstimmung noch zu kippen. Im wichtigen Bundesstaat Pennsylvania greifen seine Anwälte die Stimmenauszählung und das System der Briefwahl an. Trump bekräftigte in einer Serie von Tweets am Montag auch seine Betrugsvorwürfe zu der Wahl in Georgia, Nevada und Wisconsin.

Es wurden dort aber nach wie vor keine Fälle von Wahlbetrug zugunsten des gewählten Präsidenten Joe Biden bestätigt. "Nevada stellt sich als Jauchegrube falscher Stimmen heraus", schrieb Trump auf Twitter und versprach "absolut schockierende" Enthüllungen dazu. Twitter versah die Nachricht umgehend mit einem Warnhinweis, weil es sich um eine Behauptung handelt, für die Trump keine Beweise hat.

Trump schrieb außerdem, dass er den Bundesstaat Georgia, in dem Biden vorne liegt, gewinnen werde – "so wie in der Wahlnacht". Biden hatte die Führung übernommen, als die Briefwahlstimmen ausgezählt wurden. Angesichts der Corona-Pandemie hatten vor allem Wähler der Demokraten per Brief abgestimmt. Der stellvertretende Gouverneur des Bundesstaats, der Republikaner Geoff Duncan, sagte am Montag auf CNN, ihm seien bisher keine nennenswerten Fälle von Wahlfälschung bekannt geworden. Angesichts des knappen Ergebnisses ist eine Neuauszählung in Georgia sehr wahrscheinlich.

Fox News schaltet Pressekonferenz weg

Angesichts der zahlreichen unbelegten Anschuldigungen über systematischen Wahlbetrug schaltete auch der konservative TV-Sender Fox News von einer Pressekonferenz mit dem Wahlkampfteam von Trump weg. Als Sprecherin Kayleigh McEnany den Demokraten zu Beginn unterstellte, dass diese Betrug gutheißen würden, unterbrach Moderator Neil Cavuto: "Wenn sie nicht mehr Details hat, um das zu belegen, kann ich Ihnen das nicht mit gutem Gewissen weiter zeigen." Andere Sender setzten bereits vor Tagen ähnliche Schritte.

Man werde nur weiter über die Pressekonferenz berichten, wenn Belege für die Behauptungen geliefert würden. "Nicht so schnell", sagte Cavuto weiter, es folgte Werbung. Später bekräftigte der Moderator seine Haltung und sagte, es gebe keine Beweise für die Vorwürfe. Fox News gilt als Haus-und-Hof-Sender Trumps, der einige der Moderatoren des Senders als Freunde bezeichnet.

Justizminister erlaubt frühzeitige Untersuchung

Trumps Justizminister William Barr erlaubte unterdessen Staatsanwälten, Vorwürfe über Wahlbetrug noch vor der Bekanntgabe der Endergebnisse zu untersuchen, wie US-Medien am Montagabend berichteten. Solche Verfahren dürften aufgenommen werden, wenn es "klare und offenbar glaubwürdige Vorwürfe über Unregelmäßigkeiten" gebe, die den Wahlausgang in einem Bundesstaat beeinflusst haben könnten, hieß es demnach in Barrs Schreiben an Staatsanwälte. Trump verbreitete Artikel zu Barrs Schritt umgehend auf Twitter.

Normalerweise dürften Staatsanwälte erst tätig werden, sobald Endergebnisse vorliegen. Das könnte nach der Wahl vom 3. November, je nach örtlicher Rechtslage, noch Tage oder Wochen dauern. Die Bundesstaaten müssen ihre beglaubigten Endergebnisse bis 8. Dezember nach Washington gemeldet haben.

Republikaner bleiben Trump treu

Der einflussreiche Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, sprach am Montag nur von "vorläufigen Ergebnissen" der Wahl. "Präsident Trump hat hundertprozentig das Recht, Vorwürfe über Unregelmäßigkeiten zu untersuchen und seine rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen", sagte er im Senat. Damit war klar, dass Trump von seinen Verbündeten im Kongress zunächst wohl keinen Druck zu befürchten hat.

Bisher gratulierten aufseiten der Republikaner nur vier Senatoren Biden zum Wahlsieg: Mitt Romney, Lisa Murkowski, Susan Collins und Ben Sasse. Sie waren schon vorher als Abweichler bekannt – und könnten für Biden als Präsident eine wichtige Rolle spielen, falls die Republikaner die Kontrolle über den Senat behalten sollten.

Biden zum Sieger erklärt

Entscheidend dafür dürften Stichwahlen für die beiden Senatssitze in Georgia Anfang Jänner werden. Die republikanischen Amtsinhaber David Perdue und Kelly Loeffler forderten den Staatssekretär des Bundesstaats nach dem Wahlergebnis zum Rücktritt auf, weil die Abstimmung schlecht organisiert gewesen sei. Dieser wies die Vorwürfe zurück. Es habe in Georgia sicherlich Fälle illegaler Stimmabgabe gegeben, schrieb Staatssekretär Brad Raffensperger auf Twitter. Aber es sei unwahrscheinlich, dass sie ein solches Ausmaß gehabt hätten, dass dadurch ein andere Kandidat gewinnt.

Biden war am Samstag aufgrund der Prognosen der US-Medien zum Sieger erklärt worden. Staats- und Regierungschefs aus aller Welt, darunter auch Bundeskanzler Sebastian Kurz, gratulierten ihm zum Sieg. Biden bereitet sich bereits auf die Übernahme der Regierungsgeschäfte vor. Am Montag hat er einen Expertenrat zur Eindämmung der Pandemie vorgestellt.

Ein einziges Indiz dafür, dass Trump seine Niederlage doch aus eigenen Stücken eingestehen könnte, berichtete die Webseite "Axios" am Montag: Demnach richte Trump bereits den Blick auf die Präsidentschaftswahl 2024, er habe mit seinen Beratern darüber gesprochen. Mit einer Kandidatur 2024 würde Trump eine zentrale Figur in der Republikanischen Partei bleiben, die er in den vergangenen Jahren weitgehend unter seine Kontrolle gebracht hat. (APA, red, 10.11.2020)