Nachdem kompromittierende Nachrichten des peruanischen Präsidenten Martín Vizcarra veröffentlicht wurden, begann sich das Blatt zu wenden.

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Lima – Mitten in der Corona-Krise hat das peruanische Parlament Präsident Martín Vizcarra seines Amtes enthoben. 105 Kongressabgeordnete stimmten am Montag für die Absetzung des Staatschefs "wegen dauerhafter moralischer Unfähigkeit". 19 Abgeordnete waren dagegen, vier enthielten sich. Um Vizcarra abzusetzen, waren 87 Stimmen nötig. Vizcarra erklärte, er verlasse den Regierungspalast, ohne mit der Entscheidung des Parlaments einverstanden zu sein.

Es wird erwartet, dass Parlamentspräsident Manuel Merino bis Juli die Präsidentschaft übernimmt. Die politische Krise erschüttert Peru, während das Land stark von der Corona-Pandemie heimgesucht wird.

Korruptionsvorwürfe

Vizcarra wurde vorgeworfen, während seiner Amtszeit als Gouverneur der Region Moquegua von 2011 bis 2014 Bestechungsgelder von einer Baufirma in Höhe von 2,3 Millionen Soles (546.000 Euro) angenommen zu haben. Der Staatschef wies die Vorwürfe als "ohne Grundlage" und "falsch" erneut zurück. Die Amtsenthebung dürfe nicht "als politische Waffe" eingesetzt werden.

Bis vor einigen Tagen hatte es nicht so ausgesehen, als ob genug Stimmen für eine Absetzung zusammenkommen würden. Aber das Blatt begann sich zu wenden, als kompromittierende Nachrichten zu den Korruptionsvorwürfen veröffentlicht wurden – ausgetauscht zwischen dem Präsidenten und dem ehemaligen Landwirtschaftsminister José Hernández. Darüber hinaus brachte Vizcarra einige Abgeordnete gegen sich auf, weil er in seiner Verteidigungsrede am Montag daran erinnerte, dass gegen 68 von ihnen ebenfalls Ermittlungen liefen. "Müssen sie auch ihre Ämter aufgeben?", fragte er.

Hohe Corona-Zahlen

Erst Mitte September hatte Vizcarra ein Amtsenthebungsverfahren im Kongress überstanden. Damals wurde ihm vorgeworfen, Mitarbeiter in einer parlamentarischen Untersuchung zu aufeinander abgestimmten Aussagen gedrängt zu haben. In dem Fall ging es um umstrittene Verträge mit einem Sänger im Wert von 50.000 US-Dollar. Der recht unbekannte Künstler soll mehrfach Motivationskurse für Mitarbeiter des Kulturministeriums gegeben haben, obwohl ihm dafür die Qualifikation fehlte.

Mit rund 925.000 Corona-Infektionen steht Peru derzeit weltweit an zwölfter Stelle. Fast 35.000 Patienten sind im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. Vizcarra hatte erst Mitte Juli den Regierungschef und mehrere Minister ausgetauscht, nachdem die hohe Zahl der Corona-Fälle und die Wirtschaftskrise seine Popularität geschmälert hatten.

Der parteilose Politiker war 2018 an die Staatsspitze gerückt, nachdem sein Vorgänger Pedro Pablo Kuczynski wegen Korruptionsvorwürfen zurückgetreten war. In seiner Amtszeit geriet Vizcarra immer wieder mit dem Kongress aneinander. Im April stehen Präsidenten- und Parlamentswahlen an. (APA, 10.11.2020)