Die Corona-Pandemie schlägt sich in den Geschäftszahlen der Voestalpine deutlich nieder.

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Wien/Linz – Automobil- und Corona-Krise haben die Verluste bei der Voestalpine ordentlich angeschoben. Unter dem Strich steht im ersten Geschäftshalbjahr 2020/21 ein Nettoverlust von 276 Millionen Euro, gab Vorstandschef Herbert Eibensteiner am Dienstag bekannt. Im Vergleichszeitraum des Vorjahrs war noch ein Gewinn von 115 Millionen Euro erzielt worden.

Die produzierten Mengen gingen im zweiten Quartal (April bis September) ebenso zurück wie die Preise und mit ihnen der Umsatz. Die Erlöse brachen um ein Fünftel auf 5,1 Milliarden Euro ein. Hauptverantwortlich dafür sind auch die schwächelnden Branchen Öl, Gas und Luftfahrt. Der Personalstand wurde um 6,5 Prozent auf weltweit knapp 49.000 Beschäftigte reduziert. In Österreich sind auf der Personalseite die Standorte Kindberg und Kapfenberg besonders betroffen. Im Edelstahlwerk in Kapfenberg werden 300 Arbeitsplätze abgebaut, der Sozialplan sei bereits fertig. Damit und mit der Kurzarbeitsbeihilfe hofft man die Luftfahrtkrise zu übertauchen, sagte Eibensteiner.

Kurzarbeit

Im Oktober waren in Österreich rund 2.500 und in Deutschland rund 1.200 Beschäftigte des Konzerns in Kurzarbeit sowie international weitere 1.800 in kurzarbeitsähnlichen Modellen – insbesondere in Brasilien, Schweden, Südafrika, Frankreich und Großbritannien.

Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) brach gegenüber der Vorjahresperiode von 666 auf 395 Millionen Euro ein. Die Ebitda-Marge reduzierte sich dementsprechend von 10,2 auf 7,7 Prozent. Das operative Ergebnis (Ebit) drehte von plus 230 Millionen Euro in die Verlustzone auf 215 Millionen.

Menge und Covid-19

Der Grund: neben dem Mengenrückgang insbesondere die 200 Millionen Euro an Sonderabschreibungen beim Eisenschwammwerk in Texas und bei Tubulars in Kindberg. Das um mehr als eine Milliarde Euro errichtete Werk in Texas steht nach mehreren Wertberichtigungen nur mehr mit rund 448 Millionen Euro in den Büchern, sagte Finanzchef Robert Ottel.

Inzwischen gibt es den Angaben zufolge aber erste Signale der Entspannung. Das erste Quartal 2020/21 sei noch von einem massiven Nachfrageeinbruch in beinahe allen Kundensegmenten und Regionen geprägt gewesen, doch im zweiten Quartal sei es zu einer spürbaren Erholung in wesentlichen Branchen gekommen.

Es geht wieder aufwärts

Insbesondere die europäische und amerikanische Automobil-, aber auch die Konsumgüter- und Bauindustrie hätten nach den Lockdown-Maßnahmen im Frühjahr rasch wieder an Dynamik gewonnen. Im September fuhr die Voest angesichts wachsender Nachfrage nach hochqualitativen Stahlprodukten den vorübergehend stillgelegten kleinen Hochofen in Linz wieder hoch. Die Werke in China hätten bereits im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahrs wieder eine Produktionsauslastung auf Vorkrisenniveau erreicht. Unverändert schwierig sei jedoch die Situation in den Segmenten Luftfahrt sowie Öl und Gas, die besonders hart von den Folgen der Pandemie betroffen seien. Weiterhin stabil zeigen sich die Teilbereiche Bahninfrastruktur und Lagersysteme.

Auf Basis intensiver Kosten- und Ergebnisoptimierungsmaßnahmen sowie geringerer Investitionen von 245 Millionen Euro habe die Voestalpine im ersten Halbjahr einen deutlich gestiegenen operativen Cashflow von 563 Millionen und einen Free Cashflow von 281 Millionen erzielt, teilte der Konzern mit.

Weniger Schulden, weniger Eigenkapital

Die Verschuldungskennzahl Gearing Ratio (Nettofinanzverschuldung im Verhältnis zum Eigenkapital) verbesserte sich per Ende September im Jahresabstand von 75,1 auf 66,2 Prozent. Das Eigenkapital, das neben der operativen Entwicklung auch durch die Sonderabschreibungen belastet wurde, sei von sechs auf 5,3 Milliarden Euro gesunken. Die Nettofinanzverschuldung sei zugleich dank guter Cashflow-Entwicklung von 4,5 auf 3,5 Milliarden verringert worden.

"Das deutlich positive operative Ergebnis Ebitda und die Steigerung des Cashflows zeigen, dass unsere konsequenten Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsprogramme gegriffen haben", meinte Konzernchef Herbert Eibensteiner. Gleichzeitig spiegle dieses Ergebnis "die Erholung der Nachfrage in wesentlichen Kundensegmenten im Laufe des zweiten Quartals" wider. "Trotz positiver Marktsignale bleibt jedoch abzuwarten, wie sich die neuerlichen Lockdown-Maßnahmen in Europa auf die Wirtschaft auswirken werden."

Trend wieder positiv

Mit Ausnahme des Öl- und Gasbereichs sowie der Luftfahrtindustrie sollte sich der positive Nachfragetrend nach Produkten des Konzerns in allen wesentlichen Marktsegmenten auch im zweiten Halbjahr 2020/21 fortsetzen, so die Einschätzung des Managements. "Deshalb erwartet der Vorstand aktuell unter der Annahme keiner neuerlichen wesentlichen wirtschaftlichen Einschränkungen durch die Covid-19-Pandemie wie beispielsweise behördlich verordneter Maßnahmen in diesem Zusammenhang für das gesamte Geschäftsjahr 2020/21 ein Ebitda in einer Bandbreite von 800 Millionen bis einer Milliarden Euro", so der CEO.

Die Prognose wurde bereits gegen Ende Oktober leicht auf diese Bandbreite angehoben. Als Grund führte der Vorstand "Verbesserungen im gesamtwirtschaftlichen Umfeld" an. Bei der jüngsten Bilanzpräsentation im Juni war der Konzern noch von 600 Millionen Euro als Untergrenze ausgegangen. (ung, APA, 10.11.2020)