Wann tritt man zurück? Diese Frage tat sich hierzulande zuletzt öfter auf, beantwortet wurde sie durch Fakten, besser: Nicht-Taten. Denn, wie an dieser Stelle bereits erörtert: In Österreich tritt man nicht zurück. Rücktritt sei ein Schuldeingeständnis, heißt es meist – was freilich nicht stimmt.

Rücktritt bedeutet auch, Verantwortung zu übernehmen. Mitunter für Fehler von anderen; anderen, für die Manager, Politiker eben verantwortlich sind.

Gedenken an die Opfer des terroristischen Anschlags in Wien.
Foto: AFP / Joe Klamar

Doch was macht ein Erster Nationalratspräsident, der einen parlamentarischen U-Ausschuss leitet, in dem er selbst Objekt der Aufklärung wird? Er bleibt im Amt – und ortet "Mobbing".

Was machen Bankenaufseher, die einen seit Jahrzehnten laufenden Bilanzskandal trotz zahlreicher Prüfungen und Whistleblower-Tipps nicht erkennen? Sie bleiben im Amt – und sehen Verantwortung nur bei den Bankern.

Was macht ein Innenminister, der anlässlich der Aufarbeitung eines Terroranschlags immer mehr fatale Fehler (und nicht irgendwelche "Pannen") in seinem Ressort eingestehen muss? Er bleibt im Amt – und übt sich in Schuldzuweisungen an Justiz, Vorgänger, Geheimdienst und Behörden eines Nachbarstaats (Aufzählung wohl nicht endgültig).

Nun legt man Kränze nieder, zündet Kerzen an, gedenkt der Opfer und ihrer Angehörigen in Messen: Respekt!

Doch ob nicht Rücktritt die höchste Form der Respekterweisung wäre? Nicht in diesem Lande, sicher nicht. (Renate Graber, 10.11.2020)