Geschlossene Betriebe werden gut abgefedert.

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Die Situation erinnert etwas an das Frühjahr: Rund um den ersten Lockdown wurde die Losung ausgegeben, dass Betrieben rasch und unbürokratisch geholfen werde. "Koste es, was es wolle" lautete die großspurige Ansage von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Die Zeit danach war geprägt von schleppenden Anläufen und bürokratischen Hürden, die viele Unternehmen zermürbten. Manche Instrumente funktionierten aber gut bis reibungslos, etwa die Kurzarbeit und die Steuerstundungen.

Mehr als ein halbes Jahr später befindet sich Österreich im zweiten Lockdown. Wieder wurde umfassende und rasche Hilfe versprochen. Nach den ersten Ankündigungen fällt diese sogar deutlich großzügiger aus als bei der ersten Schließungswelle. Doch längst gibt es erneut Probleme.

McDonald's profitiert

Vor allem die Zweiklassengesellschaft zwischen behördlich gesperrten Betrieben – also Gastronomie und Hotellerie – und den indirekt betroffenen Branchen sticht ins Auge. Man nehme als Beispiel McDonald’s. Der US-Konzern erhält 80 Prozent des Vorjahresumsatzes. Was den Zuschuss versüßt: Weder Kurzarbeitshilfe noch Erlöse aus dem teilweise gut laufenden Liefer- und Abholservice müssen eingerechnet werden.

"Da wird das Füllhorn ausgeschüttet – einerseits, um Arbeitsplätze zu erhalten, andererseits aber auch, um das Fehlen anderer treffsicherer Hilfsmaßnahmen zu kompensieren", sagt Paul Pichler vom Institut für Volkswirtschaftslehre an der Universität Wien. Für manches Unternehmen, etwa in der Stadthotellerie, dürfte die Schließung ein Segen sein. Auch ohne Lockdown gebe es hier kaum Umsatz, allerdings auch kaum Förderungen, ist zu hören.

Zweierlei Maß

Auf der anderen Seite ist die Lage weniger rosig. Ein Bäcker, der vorrangig die Hotels in der Region beliefert, ein Bierbrauer, der unter der Sperre der Restaurants und Bars leidet: Für sie gilt der Umsatzersatz nicht.

Sie müssen auf andere, weniger generöse Hilfen zurückgreifen. Doch da beißt sich die Katze in den Schwanz: Die möglichen Instrumente gibt es großteils nicht. Da wäre einmal der Fixkostenzuschuss II, der zum Streitpunkt zwischen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und der EU-Kommission wurde. Der Ressortchef blitzte mit seinem umstrittenen Antrag auf Abgeltung für anfallende Kosten wie Miete, Strom und Personal in Brüssel ab. Somit gibt es das Instrument nicht.

Warten auf Verlustausgleich

Was die EU-Kommission sehr wohl zugestand: einen Verlustausgleich von 70 Prozent für große und bis zu 90 Prozent für kleinere Unternehmen. Hier gab es auch betragsmäßig ein Entgegenkommen der EU-Behörde. Es können bei dieser Verlustabgeltung drei Millionen je Betrieb in die Hand genommen werden. Doch es gibt das gleiche Problem wie beim Fixkostenzuschuss II: Bis dato existiert keine Umsetzung des von Brüssel genehmigten Rahmens.

Fastfood ist bei der Regierung hoch im Kurs. Nicht nur der Umsatzausfall wird zu 80 Prozent ersetzt, die Ketten müssen das Geschäft mit Abholservice nicht von der Hilfe abziehen.
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Woran liegt nun das Problem? Laut Blümel liegen die Anträge zur Genehmigung seit Wochen in Brüssel. Aus der EU-Kommission ist zu hören, dass Wien ständig versuche, mit dem Beihilferecht unvereinbare Bewilligungen zu erhalten.

Diese Position wird auch von Experten gestützt. Für Volkswirt Pichler ist die österreichische Position beim Fixkostezuschuss "unverständlich". Man müsse sich an den vorgegeben Beihilferahmen halten, zumal der gar nicht so restriktiv sei, wie es oft dargestellt werde. Soll heißen: Mit 800.000 Euro Fixkostenzuschuss und bis zu drei Millionen Euro Verlustausgleich kämen die meisten Unternehmen über die Runden. Für geschlossene Betriebe kann zusätzliches Geld fließen.

Politik "unverständlich"

Sollte das immer noch nicht reichen, sind Einzelgenehmigungen möglich. Stichwort AUA. Ähnlich sieht das Oliver Fritz vom Wirtschaftsforschungsinstitut. Es liege nicht an der EU, dass Betrieben nicht rasch und ausreichend geholfen werde, meint der Forscher. Die Politik der Regierung sei diesbezüglich unverständlich und unsystematisch.

Das Ergebnis: Bei den einen kommt es zu einer Überförderung, bei den anderen herrscht Ebbe. Das Finanzministerium will nun wenigstens einen Überbrückungsfixkostenzuschuss rasch zur Verfügung stellen, wenn auch nur bis maximal 800.000 Euro.

Kündigungen schwer zu prüfen

Möglicherweise ändert sich das Bild, wenn weitere Branchen vom Lockdown erfasst werden sollten. Würden auch Teile des Handels, Friseure und andere Dienstleister gesperrt werden, müsste das Modell des Umsatzersatzes wohl auf sie ausgedehnt werden. Das würde dann richtig teuer kommen, wissen Budgetexperten.

Immerhin dürfen die Betriebe keine Leute kündigen, wenn sie den Umsatzersatz in Anspruch nehmen wollen. Praktisch ist das aber schwer zu verhindern, wie Arbeitnehmervertreter meinen. Gerade in der Hotellerie und Gastronomie erfolgt der Mitarbeiterabbau oft über einvernehmliche Trennung. (Andreas Schnauder, 11.11.2020)