Kein Gremlin, sondern ein Beuteltier – mit besonderer Begabung: der Großflugbeutler.

Foto: Imago

Der Beutler liebt Eukalyptusblätter, die besten Triebe erreicht er lässig im Gleitflug.

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Im Schutz der nächtlichen Dunkelheit spielen sich in den Baumkronen ostaustralischer Eukalyptuswälder bemerkenswerte Szenen ab. Flauschige Kreaturen, etwa so groß wie Marder, "fliegen" mit weit ausgestreckten Gliedmaßen scheinbar mühelos meterweit von Baum zu Baum. Gesteuert wird zielgenau mit einem langen, buschigen Schwanz. Kein frischer Blättertrieb ist vor diesen vegetarischen Superhelden sicher.

Der Südliche Großflugbeutler ist die größte Beuteltierart, die sich per Gleitflug fortbewegen kann – zumindest wurde das lange angenommen. Jetzt haben Wissenschafter nämlich den Nachweis erbracht, dass es sich bei den Beutlern in Wahrheit um drei eigenständige Spezies handelt. Ob ihr putziges Äußeres oder die elegante Fluchtmethode eine Rolle dabei spielten, dass Biologen lange Zeit im Dunkeln tappten, ist nicht geklärt.

Taxonomischer Zuwachs

Hinweise auf eine größere Artenvielfalt bei den Großflugbeutlern gab es aber schon länger, vor allem regionale Unterschiede der Körpergrößen und Fellfarben nährten den Verdacht. Ansonsten ähneln sich die Tiere mit ihren großen, behaarten Ohren und der Gleitmembran, die sich zwischen den Vorder- und Hinterbeinen aufspannt.

Letztlich ermöglichten erst DNA-Analysen den taxonomischen Zuwachs, wie ein australisches Forscherteam im Fachjournal "Scientific Reports" berichtet. Der genetische Abgleich ergab zweifellos, dass Petauroides volans, so der wissenschaftliche Name des Tiers, nicht allein ist. Die bestätigten neuen Arten heißen Petauroides armillatus und Petauroides minor.

Schwindender Lebensraum

Wie ihre prominenten entfernten Verwandten, die Koalas, sind die Großflugbeutler auf Eukalyptus spezialisiert. Und auch sie sind überaus gemächliche Zeitgenossen, die große Teile ihres Lebens schlafend und verdauend zubringen. Nur nachts gehen die Einzelgänger für ein paar Stunden lässig gleitend auf Blätterjagd, um es sich dann wieder in einer Baumhöhle gemütlich zu machen.

Die Großflugbeutler gelten derzeit nicht als akut gefährdet, doch auch sie sind in zunehmendem Maße vom Verlust an Lebensräumen betroffen. Erst im vergangenen Sommer haben Rekordbuschbrände in Australien gigantische Flächen vernichtet und Milliarden von Wildtieren dahingerafft. Forscher sehen im Nachweis der neuen Beuteltierarten eine Mahnung: Durch die fortschreitende Zerstörung der Umwelt durch Klimawandel und Raubbau könnten viele Arten verschwinden, von deren Existenz wir nicht einmal wussten. (David Rennert, 11.11.20220)