Es sind Einzelfälle, aber es gibt sie: Schülerinnen und Schüler, die sich weigern, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Auch zweifelhafte Atteste von Ärzten, die vom Maskentragen befreien, tauchen immer wieder auf. Das berichtet Paul Kimberger, Vorsitzender der Gewerkschaft für Pflichtschullehrer, dem STANDARD. Ein Lehrer an einer Wiener Pflichtschule, der aufgrund des "heißen Themas" anonym bleiben will, sorgt sich.

In Whatsapp-Gruppen und auf Youtube häufen sich krude Theorien zum Coronavirus. Manche Eltern, aber auch einige wenige Lehrer würden diese an die leicht beeinflussbaren Schüler weitergeben. "Alle laufen den Herrschenden hinterher und tragen Masken, obwohl diese gesundheitsschädigend sind", habe etwa eine Lehrperson an seiner Schule vor einer Klasse behauptet. Die Schülerinnen und Schüler erzählen diese Theorien in ihren Peer-Groups weiter. "Kinder könnten verschwörungstheoretische Superspreader werden", befürchtet der Pädagoge.

Nicht immer sind Schülerinnen und Schüler bereit, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen.
Foto: www.corn.at Heribert CORN

Der Lehrer hat Sorge, dass die Stimmung bald kippen könnte. "Auch weil die Maßnahmen der Bundesregierung immer mehr an Akzeptanz verlieren."

Maskenpflicht auf Anordnung

Derzeit sind die österreichischen Schulen bis zur Mittelstufe noch geöffnet, an den Oberstufen wurde bereits wieder auf Fernlehre umgestellt. Für die anderen Schülerinnen und Schüler ab sechs Jahren gilt: Maskentragen für alle Personen im Schulgebäude außerhalb der Klassen- und Gruppenräume. Zusätzlich hat das Bildungsministerium in einer Verordnung festgelegt, dass die "Schulleitung für Teile einer Unterrichtsstunde für bestimmte Schülerinnen und Schüler, Gruppen oder Klassen, Unterrichtsräume und Unterrichtssituationen das Tragen eines MNS" anordnen kann. Auch Lehrpersonen kann die Schulleitung dazu ermächtigen, diese Pflicht auszusprechen.

Und was, wenn sich die Schüler daran nicht halten? "Dann ist das eine Pflichtverletzung und kann bis zur Suspendierung führen", heißt es aus dem Bildungsministerium. Natürlich sei das nur der allerletzte Schritt, und es gebe viele Zwischenstufen. Zuerst sollten Pädagogen mit den Schülern reden, dann das Gespräch mit den Eltern suchen. Auch ein Termin mit dem Direktor sei möglich.

Gewerkschafter Kimberger appelliert an seine Kollegen, vor allem viel mit den Schülerinnen und Schülern zu reden und die Gründe für den Mund-Nasen-Schutz zu besprechen. "Meist kann damit schon viel aus dem Weg geräumt werden." Die Meldung der Pflichtverletzung bei den Behörden könne nur der letzte Schritt sein.

Der besorgte Wiener Pädagoge hält wenig davon, den Maskenverweigerern mit den Behörden oder Suspendierung zu drohen. "Das stachelt nur alle noch mehr an." Er fordert Aufklärung durch die Behörden. Deren Vertreter sollten selbst an die Schulen kommen und Workshops zu Corona, Verschwörungstheorien und Masken machen. Aufgrund des Betretungsverbots von Schulen für Außenstehende ist das derzeit allerdings schwierig umzusetzen.

Fragwürdige Atteste

Unterstützt werden die Maskenverweigerer von einigen wenigen Ärzten, die ohne tatsächlichen Grund Atteste ausstellen, die vom Maskentragen befreien. Dazu sei man in Gesprächen mit der Ärztekammer, heißt es aus dem Bildungsministerium. Das Problem mit einem Arzt aus Bad Aussee, der sehr viele solcher Atteste ausgestellt haben soll, sei bereits gelöst. Wenn Lehrer ein Attest infrage stellen, gebe es die Möglichkeit, vom Schüler ein zweites von einem anderen Mediziner zu verlangen.

Derzeit ist fraglich, ob die Schulen überhaupt offen bleiben. Ihm sei "jedes gelindere Mittel recht", das eine generelle Schließung verhindert, sagte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Auch Kimberger spricht sich dafür aus, noch nicht so weit zu gehen. Besser sei es, vorerst auf einen Schichtbetrieb in Kleingruppen umzustellen, schlägt er vor. Die Infektionszahlen der nächsten zwei Tage werden entscheidend sein. Am Freitag will die Regierung die Lockdown-Regelungen neu bewerten. (Lisa Kogelnik, 11.11.2020)