Jonas Hofmann verletzte sich im Match der deutschen Nationalmannschaft gegen Tschechien.

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Toni Kroos: "Profis sind nur die Marionetten von FIFA und UEFA."

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München – "Die Spieler werden ständig getrieben. Es war vorauszusehen, dass es Probleme geben wird", sagte der deutsche Bundestrainer Löw – noch bevor sich am Mittwochabend DFB-Teamspieler Jonas Hofmann verletzte. Liverpool-Trainer Jürgen Klopp und sein Kollege Pep Guardiola von Manchester City hatten sich zuletzt gemeinsam über den Raubbau an der Gesundheit echauffiert. Nun beklagen beide weitere Verletzungen von Nationalspielern. "Irgendjemand", sagt Klopp, "muss doch jetzt mal anfangen, nachzudenken!"

Denn die Profis, schimpft der deutsche Team- und Real-Madrid-Spieler Toni Kroos in seinem Podcast ("Einfach mal Luppen"), würden nicht gefragt und seien "nur die Marionetten von Fifa und Uefa". Und deren Motto scheint zu sein: Noch mehr Spiele, noch mehr Geld! Und noch mehr neue Turniere wie Nations League, erweiterte Klub-WM oder europäische Superliga. Corona hin oder her.

"Auf dem Rücken der Spieler"

Laut Löw wird die Terminhatz "auf dem Rücken der Spieler ausgetragen". Und zwar "auf einem schmalen Grat. Wenn wir Trainer jetzt nicht die höchste Vorsicht walten lassen, bekommen wir im Sommer Schwierigkeiten. Wir bekommen Riesen-Probleme!"

Seine Forderung: "Diejenigen, die für den Terminkalender verantwortlich sind, müssen die Köpfe zusammenstecken. Der Terminkalender ist zu voll!" Sein Kapitän Manuel Neuer unterstützt ihn dabei. "So eine Saison hat es noch nie gegeben und wird es hoffentlich auch nie wieder geben", sagte er dem Sportbuzzer, wichtige Trainingsinhalte seien "gar nicht mehr möglich".

"Wir sind keine Maschinen!"

In der deutschen Bundesliga fällt aktuell jeder zehnte Profi verletzt aus, dazu kommt eine steigende Zahl von Corona-Fällen. In der englischen Premier League ist die Lage noch dramatischer, Brasiliens Routinier Thiago Silva (FC Chelsea) nannte sie "sehr besorgniserregend" und klagte: "Wir sind keine Maschinen!"

Der Selecao fehlen in der WM-Qualifikation Stars wie Neymar, Philippe Coutinho oder Fabinho. "Wir spielen zu oft", sagte Thiago Silva, dabei zeigten neueste Studien doch, dass dabei "das Verletzungsrisiko steigt".

Verletzungen bei Liverpool

Das weiß kaum jemand besser als Klopp, der mit Joe Gomez (Knie) eben den nächsten Verteidiger verlor. Alle wüssten in Zeiten der Pandemie um die Herausforderungen, klagte der englische Nationalcoach Gareth Southgate, dennoch sei der Terminkalender "vollgestopft" worden.

Sein niederländischer Kollege Frank De Boer schimpfte nach der Verletzung von Nathan Ake (Manchester City) beim 1:1 gegen Spanien: "Dieses Spiel hätte gar nicht erst gespielt werden dürfen. Alle Parteien müssen zusammenkommen und reden. Es müssen Entscheidungen her!"

Wie diese aussehen könnten, skizzierte Weltmeister-Coach Didier Deschamps. "Wir haben einen völlig überfrachteten Spielkalender. Weniger ist da mehr", sagte er. Sein Vorschlag: Eine Verkleinerung der französischen Ligue 1 von 20 auf 18 Teams. Aber, sagte er: "Ich weiß, dass ich mir damit keine Freunde mache." (sid, 12.11.2020)