Regenbogen und EU-Flagge: eine polnische EU-Politikerin bei einem Protest gegen die diskriminierende Politik ihres Landes.

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Brüssel – Menschen aus der LGBTQI-Gemeinschaft (lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, queer und intersexuell) sollen in der EU stärker geschützt werden. Am Donnerstag stellte die EU-Kommission eine entsprechende Strategie vor. Das Fünfjahreskonzept befasst sich mit den Ungleichheiten und Herausforderungen, mit denen sich schwule, lesbische, bisexuelle und Transgendermenschen konfrontiert sehen.

Hasskriminalität stärker verfolgen

Unter anderem will die Kommission in Absprache mit den Mitgliedsstaaten die Verfolgung von homophober Hassrede und Hasskriminalität verschärfen. Außerdem soll die gesetzliche Anerkennung von Elternschaften aus der LGBTQI-Gemeinschaft gestärkt werden, besonders in Situationen, in denen die Eltern in mehreren Ländern grenzüberschreitend leben. Gleichgeschlechtliche Elternpaare hätten insbesondere in Ländern, in denen die Adoption von Kindern in LGBTQI-Beziehungen nicht erlaubt ist, Sorge, das Recht auf ihr Kind durchzusetzen. Die einzelnen Punkte sind für die EU-Staaten nicht verbindlich. Die EU-Kommission will die Umsetzung jedoch beobachten und in drei Jahren Bilanz ziehen.

Weit von Akzeptanz entfernt

In einigen europäischen Ländern wird noch immer offen gegen sexuelle Minderheiten gehetzt. Der polnische Präsident Andrzej Duda hatte während eines Wahlkampfauftrittes im Sommer gesagt: "Man versucht uns einzureden, dass das Menschen sind. Aber es ist einfach nur eine Ideologie." Zudem haben sich mehrere polnische Gemeinden, vor allem im Südosten des Landes, zu "LGBT-Ideologie-freien" Zonen erklärt. In Ungarn will die Regierung des rechtskonservativen Premiers Viktor Orbán in die Verfassung Passagen einarbeiten lassen, die sich gegen Homosexuelle und Transgenderpersonen richten.

"Wir sind noch weit von der Einbeziehung und Akzeptanz entfernt, die LGBTQI-Personen verdienen", räumte die EU-Kommissarin für Gleichstellung, Helena Dalli, ein.

Identität, nicht Ideologie

"Ich werde nicht ruhen, wenn es darum geht, eine Union der Gleichstellung aufzubauen", sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Es solle eine EU sein, in der jeder lieben könne, wen er wolle, ohne Angst vor Beschuldigungen und Diskriminierung: "Weil du selbst zu sein nicht deine Ideologie ist. Es ist deine Identität."

Für Evelyn Regner, SPÖ-Europaabgeordnete und Vorsitzende des Gleichstellungsausschusses im EU-Parlament, ist es "höchste Zeit, dass die EU mehr tut". Aktuelle Erhebungen der EU-Grundrechteagentur bestätigten, dass 58 Prozent der Menschen in der LGBTQI-Community Diskriminierung erfahren haben. So hoch war diese Zahl noch nie.

Auch die Neos-Europaabgeordnete Claudia Gamon und Yannick Shetty, der LGBTQI-Sprecher ihrer Partei, werten die Strategie als wichtigen Schritt. "Europa muss ein Ort bleiben, an dem jede und jeder in Freiheit und Akzeptanz leben und lieben kann", so Gamon. (red, APA, 12.11.2020)