Anhand der Ohrenqualle (Aurelia aurita) untersuchten Meeresbiologen, wer am Abbau toter Quallen beteiligt ist.

Foto: Alexander Vasenin

Wien – In den letzten Jahren kam es weltweit immer wieder zu Massenauftreten von Quallen. Der Meeresbiologe Gerhard J. Herndl von der Universität Wien hat gemeinsam mit einem internationalen Forscherteam untersucht, was passiert, wenn diese Millionen Quallen sterben: Die Überreste der Medusen dienen offenbar einer Reihe opportunistischer Bakterien, die üblicherweise mit den noch lebenden Quallen zusammenleben, als Nahrung.

Die Zunahme von Qualleninvasionen wird auf den Klimawandel und die kontinuierliche Verschlechterung der marinen Ökosysteme zurückgeführt. "Große Quallenblüten können die Kühlwasserzufuhr von Küstenkraftwerken und Entsalzungsanlagen blockieren, den Schiffsbetrieb stören und Schäden in der Tourismus-, Fischerei- und Aquakulturindustrie verursachen", erklärte Gerhard Herndl vom Department für Funktionelle und Evolutionäre Ökologie der Universität Wien.

In eineinhalb Tagen verspeist

Während Algenblüten und ihre Folgen bereits gut untersucht sind, weiß man kaum etwas über die Vorgänge beim Absterben von "Quallenblüten". In ihrer Studie untersuchten die Forscher aus Österreich, Slowenien und den Niederlanden anhand von Ohrenqualle (Aurelia aurita), die aus der nördlichen Adria entnommen wurden, die Auswirkungen ihrer Überreste auf das Ökosystem. Es zeigte sich, dass etwa die Hälfte des von den abgestorbenen Quallen stammenden organischen Materials rasch in das Umgebungswasser ausgewaschen wird und somit leicht zugänglich für Mikroben ist.

Innerhalb von rund eineinhalb Tagen wurde das gelöste organische Material von einer Gruppe opportunistische Bakterien konsumiert. Darunter sind Bakteriengattungen, die häufig an der Oberfläche der lebenden Quallen vorkommen. Die Mikroben, die die Quallenüberreste verzehren, vermehren sich dabei rasch und dienen dann selbst wiederum als Nahrung für Plankton und andere, größere Organismen. Dadurch wird ein beträchtlicher Anteil dieses organischen Materials in der Wassersäule verwertet, und die den Meeresboden erreichende Menge wird wirksam reduziert, schreiben die Wissenschafter im Fachjournal "Frontiers in Microbiology". (red, APA, 15.11.2020)