Manche Institutionen haben klare Richtlinien, wie Kinder vor Gewalt geschützt werden können. Andere nicht.

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Wer in Österreich mit Kindern und Jugendlichen arbeitet, tut dies nicht zwingend auf Basis von einheitlichen Regeln, die den Schutz der Kinder garantieren sollen. Dabei könne so das Risiko von Gewalt an Kindern reduziert werden: Auf diese Lücke machen Expertinnen aus dem Feld der Kinderrechte aufmerksam, darunter das Netzwerk Kinderrechte, die österreichische Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Rechte der Kinder vor sexueller Ausbeutung (ECPAT) sowie die Kinderschutzzentren.

Die Vereine weisen darauf hin, dass nicht allen die Notwendigkeit der Umsetzung von Kinderschutzkonzepten bewusst sei. Zudem gibt es keine gesetzliche Verankerung dafür. Mit einem derartigen Schutzkonzept zu arbeiten solle zur verbindlichen Grundlage für Organisationen werden, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, wird gefordert. Dies auch gesetzlich vorzuschreiben sei möglich, wird mit Verweis auf ein entsprechendes Gutachten betont.

Gemeinsam erarbeitet

Das gelte für Kinderkrippen genauso wie für Jugendorganisationen und Freizeiteinrichtungen. Die Expertinnen schlagen Standards vor, die ein derartiges Schutzkonzept beinhalten solle: die Selbstverpflichtung der Organisation zum Kindesschutz, eine Risikoanalyse, präventive Maßnahmen, unter anderem in der Personalpolitik, Fallmanagement inklusive Beschwerdemechanismen, die Umsetzung mit allen Beteiligten und schließlich Monitoring, Evaluation und Weiterentwicklung.

Das Konzept solle im Idealfall innerhalb der Organisation gemeinsam im Team arbeitet werden. Ein solches Konzept sei schließlich "zentrales Qualitätsmerkmal" für den Kinderschutz einer Organisation, sagt Astrid Winkler, Geschäftsführerin von ECPAT. So würden Mitarbeiter ihre Verantwortung dafür kennen, für den Schutz von Kindern zu sorgen, und zudem "deutlich mehr Handlungssicherheit" besitzen, sagt Martina Wolf, Geschäftsführerin der Kinderschutzzentren.

Gesetzliche Verpflichtung

Im Rahmen des EU-Projektes "Safe Places", das Kinderschutzstrukturen stärken soll und dessen Projektpartner hierzulande ECPAT und das Netzwerk Kinderrechte sind, wurde erhoben, woran es hierzulande fehlt. Das Ergebnis: einheitliche Standards und Koordination. Zahlreiche wirksame Ansätze würden zwar existieren, allerdings alle nur auf freiwilliger Basis umgesetzt. Im internationalen Vergleich gebe es hier durchaus Nachholbedarf, heißt es.

Dabei wäre es rechtlich möglich, Institutionen und Organisationen vorzuschreiben, Richtlinien zum Kinderschutz zu entwickeln, sagt Wolfgang Mazal vom Institut für Familienforschung: "Es ist davon auszugehen, dass sich bereits im Gesetz zahlreiche Bestimmungen finden, die Ansätze für klar vertretbare Argumentationen bieten, nach denen die Betreiber von Einrichtungen bereits im geltenden Recht verpflichtet sind oder verpflichtet werden können, Kinderschutzrichtlinien zu etablieren und weiterzuentwickeln." Ableitbar wäre das unter anderem aus der Sorgfaltspflicht ordentlicher Unternehmer.

Wolle man die Verpflichtung effektiver gestalten, so sollten die bestehenden Bestimmungen ausgebaut und Verpflichtungen explizit normiert werden, meinte Mazal. Ein bundesweites Sammelgesetz könne "alle Einrichtungen umfassen, die im extrafamilialen Kontext mit Kindern arbeiten oder die Kinder zu ihren Kunden oder zu ihren Mitgliedern zählen". Sie könnten dazu verpflichtet werden, angepasste Richtlinien zu entwickeln. (Vanessa Gaigg, 13.11.2020)