Als Chefeinkäufer des Fürsten von Liechtenstein traf Johann Kräftner sein Urteil schon Tage vor der vergangenen Woche im Dorotheum anberaumten Versteigerung der Sparte Gemälde des 19. Jahrhunderts. Obwohl dem Biedermeier sonst durchaus zugeneigt, hatte nicht Ferdinand Georg Waldmüllers Genreszene sein Interesse geweckt, sondern das Porträt einer jungen Dame, das Hans Makart um 1874 schuf: "Das wichtigste Bild der ganzen Auktion", so seine Benotung.

Rosalia Amons Blumenstück aus dem Jahr 1844 wechselte, mitsamt dem einst vom K.K. Hof- und Kammer-Vergolder Johann Baptist Holtzmann gefertigten Originalrahmen, für 33.250 Euro den Besitzer.
Foto: Dorotheum

Dafür musste er allerdings mehr als die angesetzte Taxe (20.000 bis 25.000 Euro) springen lassen. Erst bei 45.000 Euro (Meistbot) setzte er sich gegen die Konkurrenz durch. Inklusive Aufgeld liegt der Kaufpreis bei 56.550 Euro. Zum Vergleich: 1995 wurde das Bildnis bei Christie’s in New York für umgerechnet rund 17.800 Euro versteigert, der Schätzwert hatte sich damals nur auf 3200 bis 4900 Euro belaufen.

Restituierter Waldmüller

Die Weihe zum "höchsten Zuschlag des Tages" holte sich Ferdinand Georg Waldmüllers Vorbereitung zum Weinlesefest, mit 296.100 Euro (inkl. Aufgeld). Ein überraschend moderater Preis für ein Bild der Kategorie "museal": Seit 1966 hing es in der Neuen Pinakothek München und wurde vergangenes Jahr an die Erben nach Oscar und Irma Löwenstein restituiert. Der Erlös kommt, laut Katalogangaben, einer britischen Wohltätigkeitsorganisation zugute.

Hans Makarts Porträt einer jungen Dame begeisterte Johann Kräftner als Chefeinkäufer des Fürsten von Liechtenstein bis zu 56.550 Euro.
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Eine hohe Verkaufsquote konnte das Dorotheum jedenfalls für die aus der Sammlung der Bank Austria offerierten Kunstwerke notieren: Von 17 fanden 16 einen neuen Besitzer und bescherten der Konzernmutter Unicredit einen Nettoumsatz von 270.500 Euro. Den höchsten Wert in dieser Gruppe erzielte Rosalia Amons Genrestück Die welke Rosenknospe (1847) mit 45.000 Euro zum oberen Schätzwert. Im Kaufpreis von 57.360 Euro inkludiert ist auch der vergoldete Originalrahmen.

Rosalia zum Zweiten

Ein besonders schönes und eigens einst für das Gemälde gefertigtes Exemplar, bestätigt Elisabeth Haider. Den Wert beziffert die Inhaberin der auf historische Rahmen spezialisierten Firma Bühlmayer (seit 1820) auf etwa 3000 Euro. Er wurde – wie auch der Rahmen zu Amons Blumenstück mit Kamelien aus dem Jahr 1844 (33.250 Euro inklusive Aufgeld) – einst vom renommierten "Hof- und Kammervergolder" Johann Baptist Holtzmann produziert.

Ferdinand Georg Waldmüllers "Vorbereitung zum Weinlesefest" hing bis zur Restitution im Februar 2019 in der Neuen Pinakothek München. Für 296.100 Euro sicherte sich ein Saalbieter das Gemälde für einen überraschend moderaten Preis.
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Wie berichtet ("Ewige Schülerin", 7. 11.), wurde Rosalia Amon (1825–1855) im 20. Jahrhundert als Schülerin Waldmüllers gehandelt und blieb ihr die Anerkennung als eigenständige Künstlerin – anders als zu Lebzeiten – verwehrt. Ihr Schaffen war aufgrund ihres frühen Todes, kurz nach ihrem 30. Geburtstag, in Umfang überschaubar geblieben.

Mit ihrer Vita und Herkunft beschäftigte man sich bisher kaum. Die seit Jahren publizierte Annahme, sie sei die Tochter des steirischen Malers Carl Amon, erweist sich nun als falsch.

Laut dem Genealogen Georg Gaugusch war sie die Tochter eines hohen Beamten, eines gewissen Vincenz Amon, "Expedits- und Registraturs-Direktor des k. k. allgemeinen Militärappelations-Gerichtes". (Olga Kronsteiner, 14.11.2020)