Nicht immer sind die Voraussetzungen für das Arbeiten von zu Hause aus die besten.
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Wenn es das Ziel der Deutschen Bank war, ins Gerede zu kommen – dann ist das Manöver geglückt. Inhaltlich lässt jedoch kaum jemand ein gutes Haar an dem Vorschlag von Autor Luke Templeman, der in einem Research-Report anregt, Arbeitnehmer im Homeoffice zusätzlich mit einer fünfprozentigen Steuer zu belegen. Als "frech und unsinnig" bezeichnet etwa Arbeiterkammer(AK)-Direktor Christoph Klein diese Idee.

Der Vorschlag unterstellt seiner Ansicht nach fälschlicherweise geringere Kosten im Homeoffice. "Aber wer spart sich denn etwas im Homeoffice?", fragt Klein. Das Argument entfallender Fahrkosten entkräftet er mit Verweis auf jene Arbeitnehmer, die zuvor mit dem Rad oder zu Fuß zur Arbeit gekommen seien – oder Öffi-Fahrer mit nun weitgehend nutzloser Jahreskarte. Auch dass man zu Hause günstiger essen könne, decke sich nicht mit seinen Erfahrungen. Sein Fazit: "Das zeigt, dass die Herren in der Deutschen Bank keine Ahnung vom tatsächlichen Leben haben."

Spieß umgedreht

"Es dreht den Spieß um – im Homeoffice nutzen ja die Arbeitgeber die Mittel der Arbeitnehmer", verweist der AK-Direktor zudem auf die Kosten von Energie, Telefon, Internet oder verbrauchtem Wohnraum. Hinsichtlich der von Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) für März angekündigten Regelungen für Kostenersatz im Homeoffice betonte der AK-Direktor, er sei "zuversichtlich, dass wir das schneller hinbekommen". Generell bedürfe es dazu keine Zurufe der Deutschen Bank.

Als "seltsam" empfindet die Gewerkschaft GPA den Vorstoß des größten deutschen Geldhauses. David Mum, Leiter der Grundlagenabteilung, rechnet vor: Bei einem Einkommen von 3.000 Euro liege die durchschnittliche Lohnsteuerbelastung bei zwölf Prozent – zusätzlich fünf Prozent Homeoffice-Steuer würde die Belastung für Betroffene also um 40 Prozent erhöhen. "Über so etwas sollte man sich schon auch Gedanken machen", sagt Mum über den Vorstoß der Bank. Seiner Ansicht nach soll damit künstlich eine Verteilungsdebatte angestoßen werden.

Flexibilität und Bequemlichkeit

Laut dem Vorschlag von Deutsche Bank Research sollte der Arbeitgeber die Steuer übernehmen, wenn er dem Mitarbeiter gar keinen Büroarbeitsplatz zur Verfügung stellt, anderenfalls der Arbeitnehmer. Denn laut der Bank spart das Arbeiten im eigenen Zuhause Geld fürs Pendeln, Mittagessen und andere beruflich bedingte Ausgaben. Auch bietet es den Strategen zufolge mehr Arbeitsplatzsicherheit und Flexibilität. Dazu komme die Bequemlichkeit, weil nebenbei Hausarbeit erledigt werden könne.

Wobei wohl nicht alle Betroffenen die Meinung der Deutschen Bank teilen würden. Nicht umsonst werden derzeit ansonsten leerstehende Hotelzimmer oder Airbnb-Wohnungen als Homeoffice-Ersatz vermietet – weil es in der Praxis nicht für jedermann möglich ist, in geregelten Bahnen von zu Hause aus zu arbeiten. Generell betont Gewerkschafter Mum bei der Diskussion um Homeoffice, dass dabei sehr unterschiedliche Lebens- und Wohnverhältnisse berücksichtigt werden müssten. (aha, 14.11.2020)