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Thiem gewinnt eine interessante Partie.

Foto: AP/John Walton

London – Vermutlich war der Stuhlschiedsrichter, eine der wenigen Personen, die bei den ATP Finals live zusehen dürfen, restlos begeistert. Natürlich neutral begeistert. Dominic Thiem und der 22-jährige Stefanos Tsitsipas schenkten einander in der leeren Londoner O2-Arena nichts, zeigten am Sonntag beim Saisonfinale Tennis vom Feisten. Österreichs Sportler des Jahres siegte in 2:17 Stunden 7:6 (5), 4:6, 6:3 und revanchierte sich damit für die knappe Niederlage gegen den Griechen im Endspiel der ATP Finals vor einem Jahr.

In der Abendpartie ist Rafael Nadal mit einem klaren Sieg über Wien-Triumphator Andrej Rublew in seine zehnten ATP Finals gestartet. Der 20-fache Major-Sieger besiegte den Russen sicher nach 78 Minuten mit 6:3, 6:4 und trifft nun am Dienstag im Duell der Sonntag-Sieger auf Thiem.

2019, da war Corona nirgendwo, bestritten Thiem und Tsitsipas das Finale, der Grieche gewann es vor 17.000 Fans im Tiebreak des dritten Satzes. Diesmal war es der Auftakt, also nichts Endgültiges, das erste Spiel in der Gruppe "London 2020".

Thiem ist ja davon ausgegangen, "dass alle in Form sind". Er war es jedenfalls. Im ersten Satz hatte der 27-Jährige drei Breakchancen, er ließ sie aus, triumphierte nach 57 Minuten halt im Tiebreak. Tsitsipas blieb dran, schnappte Thiem das Service weg, servierte zum 6:4 aus. Mental hat ihm das wenig genützt, denn der Niederösterreicher war überhaupt nicht deprimiert, seine Schläge hatten Wucht und Präzision, er fand die richtigen Lösungen.

Der Schlüssel zum Sieg

Im entscheidenden Satz war er es, der einen Gang zulegen konnte. Er nahm Tsitsipas erstmals den Aufschlag zum 2:0 ab und stellte innerhalb von 12 Minuten auf 3:0. Beim Stand von 3:1 wurde es dann noch einmal eng: zunächst hatte Tsitsipas bei 30:40 einen Breakball und Thiem konnte erst den sechsten Vorteil zum 4:1 nutzen.

Das mehr als zehn Minuten dauernde Game war wohl der Schlüssel zum Sieg. "Das war der letzte Schlüsselmoment, dass das Match endlich in meine Richtung gegangen ist", meinte Thiem dann auch auf dem Platz. In diesem Game zum 4:1 sei er "ziemlich nervös geworden". Dank sehr guter Serviceleistung vermied er aber einen weiteren Breakball. Nach diesem Game war Thiem dann endgültig auf Siegeskurs, er nutzte seinen zweiten Matchball. In Punkten endete die Partie 101:96.

"Idealer Start"

"Es war nur ganz selten ein hochklassiges Match heute, kein Vergleich zum Finale letztes Jahr", meinte Thiem danach in seiner Video-Pressekonferenz. Er habe in Wien nur drei Matches gespielt, davon nur eines gegen einen Mann auf Top-Ten-Level (Niederlage gegen Wien-Sieger Andrej Rublew). "Wenn man davon absieht, ist es jetzt doch eine lange Zeit gewesen, seit Paris. Ich bin nicht der, der meistens richtig gut in Turniere reinstartet. Von dem her war es wirklich ein idealer Start", meinte Thiem erfreut.

Vielleicht habe er mit Tsitsipas den richtigen Auftakt-Gegner erwischt, weil dieser im Vorfeld "ein bisserl Verletzungsprobleme" gehabt habe. "Er hat sicher nicht die Hochform, die er letztes Jahr hier gehabt hat. Ich bin einfach froh, dass ich den Sieg geholt habe." Froh ist er freilich auch darüber, dass sein in Wien lädierter Fuß in Ordnung ist. "Der Fuß ist perfekt, die Problemzone hat heute null wehgetan. Jetzt ist es auch nicht gereizt nach dem Match."

15. Duell mit Nadal

Für Thiem steht nun am Dienstag das bereits 15. Duell mit dem 13-fachen French-Open-Sieger an. Thiem liegt im Head-to-Head mit 5:9 zurück, hat aber das bisher letzte Duell im Viertelfinale der Australian Open im vergangenen Jänner mit 7:6(3), 7:6(4), 4:6, 7:6(6) für sich entschieden. Im weiteren Dienstag-Spiel der Thiem-Gruppe treffen Tsitsipas und Rublew aufeinander, am Donnerstag bestreitet Thiem sein letztes Pool-Match gegen Rublew.

Am Montag ist die Gruppe "Tokio 1970" dran. Novak Djokovic trifft auf den argentinischen Debütanten Diego Schwartzman, Alexander Zverev misst sich mit Daniil Medwedew. Evergreen Jürgen Melzer und sein französischer Doppelpartner Edouard Roger-Vasselin starten (nicht vor 19 Uhr) in der Gruppe "Bob Bryan" gleich gegen die topgesetzten US-Open-Sieger Mate Pavic / Bruno Soares (CRO/BRA). Mit dem Auftritt in London, dem dritten nach 2010 und 2011, hat der 39-jährige Melzer seien letztes großes Karriereziel erreicht.

Ab Februar 2021 wechselt der Niederösterreicher ja die Seiten und wird vom Aktiven zum sportlichen Leiter im österreichischen Tennisverband. (red, APA, 15.11.2020)

ATP Finals London (5,7 Mio. Dollar, Hart) – Einzel – Gruppe "London 2020":

Dominic Thiem (AUT-3) – Stefanos Tsitsipas (GRE-6) 7:6(5), 4:6, 6:3

Rafael Nadal (ESP-2) – Andrej Rublew (RUS-7) 6:3, 6:4