Der Niederösterreicher Felix Auböck schwamm in Budapest für die New York Breakers.

Foto: Mike Lewis

Sechs Wochen Budapest, das muss man mögen. Caroline Pilhatsch und Felix Auböck mögen es sehr, dabei haben sie, das kommt erschwerend dazu, in bis dato fünf Wochen vor allem ihre Hotelzimmer und eine Schwimmhalle gesehen. Und die sechste Woche wird keine Abwechslung bringen. Erleichternd kommt hinzu, dass Pilhatsch und Auböck zum ersten Mal in ihrer Karriere richtig gutes Geld verdienen.

So muss man sich das Ganze in Budapest vorstellen.
International Swimming League

Die International Swimming League (ISL) lässt sich nicht lumpen, jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer lukriert ein Fixum von 15.000 US-Dollar, Prämien kommen noch dazu. Hinter der ISL steht der ukrainische Oligarch Konstantin Grigorishin, der seine Liebe zum Sport entdeckte, als sich sein Sohn einst als Schwimmer versuchte. Die wenigsten Milliardäre freilich sind Gutmenschen durch und durch, auch die ISL soll irgendwann Gewinn abwerfen, lieber früher als später.

Es ist angesichts der Pandemie schon bemerkenswert, dass die ISL überhaupt eine zweite Saison angehen konnte. Im Gegensatz zum ersten Jahr mit drei europäischen und vier US-Stationen und vor allem mit Publikum wird heuer in einer Bubble unter Ausschluss der Öffentlichkeit geschwommen. Die Aktiven wie die Coaches wurden in Budapest vorab und werden alle fünf Tage auf Corona getestet. Zunächst fand eine Vorrunde mit insgesamt zehn "Spielen" statt, das Semifinale dauert bis heute, Montag, das Finale steigt am Wochenende. Auböck und die Breakers schieden im ersten Semifinale als Vierte und Letzte aus.

DJ-Musik statt Hymnen

Spiele? Jawohl, Spiele! Die ISL ist ein Teamwettkampf, zehn Teams nehmen teil, jedes setzte sich aus jeweils bis zu 16 Schwimmerinnen und Schwimmern zusammen. Wir reden wohlgemerkt nicht von Nationalteams, sondern von bunt zusammengestellten, internationalen Equipen. Statt Hymnen gibt es laute DJ-Musik und eine grelle Lichtshow. Die Action, der Schwimmsport, steht aber im Mittelpunkt, gewertet wird nach einem ziemlich ausgeklügelten Punktesystem.

Auböcks Freude über einen nationalen Rekord.
Foto: Mike Lewis

"Jeder ISL-Event ist eine große Party", sagt Auböck (23). Der Niederösterreicher trat für die New York Breakers an, die Grazerin Pilhatsch (21) für das Team Iron aus Budapest. Auböck hat sich just am österreichischen Nationalfeiertag besonders hervorgetan, als er über seine Paradestrecke 400-m-Kraul einen (Kurzbahn-)Rekord erzielte (3:37,48 Minuten). Die Marke bedeutete sogar Jahresweltbestzeit, mittlerweile hat der litauische Europameister Danas Rapsys wieder zurückgeschlagen (3:35,49 Minuten).

Geldgeber Grigorishin hat laut Auböck "die Vision, eine Liga aufzuziehen, die sich an den großen amerikanischen Sportligen orientiert". Damit übt die ISL, sie macht daraus gar kein Hehl, durchaus Druck auf den Weltverband FINA aus. Auböck: "Wir wissen, dass auch im Schwimmsport genug Geld vorhanden ist. Aber der Weltverband schüttet nur einen ganz geringen Teil seines Gewinns an die Aktiven aus." So gesehen betrachtet der Österreicher die ISL-Initiative als "einen überfälligen Schritt".

Das Leben in der Budapester Bubble war für Auböck "nicht viel anders als sonst". Er konnte zweimal am Tag trainieren, er nahm an fünf Matches teil, die anderen Matches hat er sich in der Halle angesehen. "Und wenn es sich ausging, hab ich etwas für die Uni gemacht." Nachdem er vier Jahre lang mit einem Vollstipendium an der University of Michigan in Ann Arbor Politikwissenschaften und Geschichte studiert hatte, ist er mittlerweile an die englische Loughborough University in der Nähe von Leicester übersiedelt. Dort will er in zwei Jahren seinen Master machen.

Medaillentraum

Die Olympischen Spiele, 2020 wegen Corona abgesagt, kommen früher. Zumindest lebt die Hoffnung. Auböck geht davon aus, dass er im Sommer 2021 in Tokio schwimmen wird, notfalls in einer leeren Halle. Sein Ziel ist ein Finale, sein Traum ist eine Medaille. "Dafür", sagt er, "arbeite ich jeden Tag." Und wie auch immer – diese Arbeit gehört honoriert. (Fritz Neumann, 16.11.2020)