Ein Wähler wird im Bundesstaat Pará registriert.

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Brasília/São Paulo/Rio de Janeiro – Traditionelle rechte und konservative Parteien haben bei den Kommunalwahlen in Brasilien am Sonntag in vielen Gemeinden die erste Wahlrunde für sich entschieden. Die Mehrheit der von dem ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro unterstützten Kandidaten musste laut Teilergebnissen dagegen Niederlagen einstecken. Es war die erste Wahl seit Bolsonaros Amtsantritt. In mehr als 5.500 Gemeinden waren 148 Millionen Wähler zur Stimmabgabe aufgerufen.

In Brasiliens größter Stadt São Paulo landete Bolsonaros Kandidat weit abgeschlagen hinter dem amtierenden Mitte-Rechts-Bürgermeister Bruno Covas und dem linken Kandidaten Guilherme Boulos. Auch in den Städten Rio de Janeiro, Curitiba und Florianópolis erzielten Kandidaten der gemäßigten rechten Partei Die Demokraten gute Ergebnisse. Am 29. November finden in vielen Gemeinden Stichwahlen statt.

Nur vierter Platz

In São Paulo landete der von Bolsonaro unterstützte Kandidat, Celso Russomano, abgeschlagen auf dem vierten Platz. Dort wird in der Stichwahl am 29. November der sozialdemokratische Bürgermeister Bruno Covas gegen Guilherme Boulos von der Sozialistischen Partei antreten. Auch in Fortaleza, der viertgrößten Stadt des südamerikanischen Landes, geht die Bürgermeisterwahl in eine zweite Runde.

In Rio lag der wegen Korruption angeklagte Olympia-Bürgermeister Eduardo Paes nach Auszählung aller Stimmen mit 37 zu 21,9 Prozent vor dem Amtsinhaber Marcelo Crivella, einem evangelikalen Pastor und Verbündeten des rechten Staatspräsidenten Jair Bolsonaro.

Unregelmäßigkeiten

Bei den Vorwürfen gegen Paes geht es unter anderem um Unregelmäßigkeiten beim Bau einer Sportanlage für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro 2016. Der konservative 51-Jährige war dort bereits von 2009 bis 2016 Bürgermeister. Insgesamt wurde am Sonntag über Ämter in allen der gut 5500 Gemeinden des Landes abgestimmt.

Wirtschaftskrise

"Der Präsident ist nicht mehr der Königsmacher wie 2018, als seine Unterstützung ausreichte, um sogar unbekannten Kandidaten einen Wahlsieg zu verschaffen", sagte der Politikwissenschaftler Mauricio Santoro von der Universität des Staates Rio de Janeiro der Nachrichtenagentur AFP. Anders als bei der Wahl "gegen das Establishment" vor zwei Jahren sei es diesmal eher um die Corona-Pandemie und die Wirtschaftskrise gegangen. Die Wähler hätten dabei wieder mehr zu erfahrenen und gemäßigten Politikern tendiert.

Bolsonaro ist mit Zustimmungswerten von mehr als 40 Prozent in jüngsten Umfragen nach wie vor beliebt. Zuletzt sah er sich jedoch scharfer Kritik ausgesetzt, auch wegen seines Umgangs mit der Corona-Pandemie, die er wiederholt als "kleine Grippe" bezeichnet hatte. Brasilien hat mit mehr als 165.000 registrierten Corona-Toten die zweithöchste Todeszahl weltweit. (APA, 16.11.2020)