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Wettlauf um Weihnachtsgeschenke: Wer am Dienstag zusperren muss, hat das Nachsehen.

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Wien –Spielzeug, Kleidung, Elektrogeräte, Blumen und Werkzeug: Österreichs Lebensmittelketten und Diskonter wildern seit Jahrzehnten in fremden Gefilden. Fachhändler haben gelernt, damit zu leben – bis Corona kam und ihre Geschäfte mit einem Schlag behördlich zum Stillstand verdonnert wurden. Schon im Frühjahr entzündeten sich harte Konflikte rund um Räder, Fitnessgeräte und andere Saisonware, die Supermärkte im großen Stil bewarben und unter die Kunden brachten, während den übrigen Händlern die Hände gebunden waren. Zähneknirschend sahen sie zu, wie sich Handelsriesen wie Spar, Hofer und Müller am Ansturm der Kunden labten.

Der zweite Lockdown reißt diese Gräben neu auf. Auch wenn sich das Sozialministerium diesmal bemühte, die Regeln zu präzisieren. Supermärkte und Drogerien dürfen bis 7. Dezember nur "typisches Sortiment" verkaufen, heißt es in seiner Verordnung. Beigelegt ist eine rechtliche Erläuterung: Spielwaren und Elektrogeräte etwa zählen definitiv nicht dazu. Aus Sicht der Wirtschaftskammer ist es also unzulässig, wenn Spar, Lidl, Müller oder Hofer über die kommenden drei Wochen entsprechendes Non-Food vermarkten.

Fall für den Verfassungsgerichtshof?

Die Praxis könnte zur Empörung jener, die ab Dienstag Sperrstunde haben, eine andere sein. Etliche Systemerhalter im Handel sind damit nämlich alles andere als einverstanden. Spar klopft die Verordnung gerade rechtlich ab, erfuhr DER STANDARD. Auch andere Unternehmen prüfen eine Klage vor dem Verfassungsgerichtshof. Ihr Argument: Händler, die schließen müssen, bekommen die verlorenen Umsätze ersetzt. Für Supermärkte und Drogerien hingegen gilt das Gebot, offen zu halten. Hilfen für etwaige Einbußen erhalten sie nicht.

Wichtiges Non-Food wie Elektrogeräte und Spielwaren hinter Absperrungen zu verbannen verunsichere Konsumenten und treibe sie geradezu in die Arme von Amazon. Massiver Kaufkraftabfluss aus Österreich wäre die Folge, der volkswirtschaftliche Schaden hoch. Abgesehen davon zählten diese Artikel in den eigenen Filialen seit Jahrzehnten zum "typischen Sortiment". "Eine Beschränkung der bei Interspar, Hofer und Lidl seit Jahrzehnten üblichen Sortimente wäre gesetzes- und verfassungswidrig", teilt Spar auf Anfrage mit.

Rewe hält sich zurück

Allein Rewe hat bisher wissen lassen, sich aus Solidarität zu anderen Händlern mit für sie atypischen Waren zurückzuhalten. "Für uns alle im Handel ist das Weihnachtsgeschäft die mit Abstand wichtigste Zeit im Jahr. Und es kann nicht sein, dass wir als Lebensmittelhändler den Branchenkollegen jetzt Umsätze wegnehmen, die sie im Weihnachtsgeschäft dann nicht mehr nachholen können", sagt Konzernchef Marcel Haraszti. Aus Sicht von Konkurrenten habe Rewe aber leicht reden: Non-Food habe weder bei Billa noch bei Penny und Merkur großes Gewicht.

Der Streit wird also ein Fall für Juristen. Wie auch immer dieser ausgeht, für einen Großteil der nunmehr geschlossenen Betriebe wird es zu spät sein. Konsumenten kaufen keine Geschenke doppelt. (Verena Kainrath, 16.11.2020)