Der Lehrer, der dutzende Schüler sexuell ausgebeutet haben soll, wurde in Innsbruck zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt.

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Es gibt Kriminalfälle, in denen es der Polizei wichtig ist, nicht nur über den Stand von Ermittlungen zu informieren, sondern mit Verhaltensregeln und Verweisen auf externe Fachleute daran mitzuwirken, dass Verbrechen erst gar nicht geschehen beziehungsweise in einem frühen Stadium erkannt werden. Sexuelle Ausbeutung von Minderjährigen gehört zu dieser Alarmkategorie. Im Bezirk Amstetten in Niederösterreich ist nun der dringende Verdacht auf ein über einen längeren Zeitraum andauerndes Verbrechen aufgetaucht. Und in Innsbruck begann der Prozess gegen einen Lehrer einer Neuen Mittelschule, dem unter anderem Vergewaltigung, geschlechtlicher Nötigung und sexueller Missbrauch vorgeworfen wird.

Im Bezirk Amstetten soll sich ein 27-jähriger Mann seit 2014 an 52 minderjährigen männlichen Personen vergangen haben. Der Mostviertler sitzt laut Polizei in der Justizanstalt St. Pölten in Untersuchungshaft und soll geständig sein. Gemeinsam mit einem ebenfalls verhafteten Komplizen soll er zudem einen psychisch beeinträchtigten Mann gequält haben.

Kontakt über Messenger-Dienste

Der österreichische Hauptverdächtige stellte die Kontakte zu den späteren Opfern meist über Messenger-Dienste her. Mit Zahlungsangeboten oder anderen Versprechen soll er die Minderjährigen zu einschlägigen Videoaufnahmen oder persönlichen Treffen verleitet haben. Die sexuellen Übergriffe soll der 27-Jährige dann in seiner Wohnung, seinem Pkw, aber auch in abgelegenen Waldstücken verübt haben.

Im vergangenen Mai flog der Mostviertler auf, nachdem er wieder einmal Kontakt zu einem Zwölfjährigen aufgenommen hatte. Doch von dem geplanten Treffen erfuhr die Staatsanwaltschaft St. Pölten, am 13. Mai klickten für den Beschuldigten in seiner Wohnung die Handschellen.

Mutmaßlicher Mittäter verhaftet

Bei den folgenden Ermittlungen kam auch ans Licht, dass der 27-Jährige gemeinsam mit einem 22 Jahre alten türkischen Staatsbürger, ebenfalls aus dem Bezirk Amstetten, über längere Zeit einen psychisch beeinträchtigten Mann regelrecht gequält haben soll. Das Duo soll u. a. Zigaretten auf dem Körper des 23-Jährigen ausgedämpft haben. Nicht zuletzt soll der Hauptbeschuldigte auch geschlechtliche Handlungen an der psychisch beeinträchtigten Person vorgenommen haben. Der mutmaßliche Komplize wurde vor kurzem ebenfalls verhaftet. Er sei teilweise geständig, so die Polizei. Auch er befindet sich in der Justizanstalt St. Pölten in Untersuchungshaft.

Im Vorjahr hatte es auch in Wien einen Fall mit dutzenden Opfern gegeben. Der 20-jährige Täter wurde im vergangenen Jänner zu drei Jahren Haft verurteilt, zwei Jahre davon wurden bedingt nachgesehen.

Achteinhalb Jahre Haft für Lehrer

Der Lehrer, dessen Prozess am Montag in Innsbruck unter Ausschluss der Öffentlichkeit begann, soll ebenfalls dutzende Schüler sexuell ausgebeutet haben. Er wurde am Abend nicht rechtskräftig zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt. Der Lehrer soll laut Anklage einen Schüler zwei Mal vergewaltigt haben. Zudem soll er über Jahre viele andere Buben geschlechtlich genötigt oder missbraucht haben. Außerdem soll der Angeklagte sexuelle Handlungen heimlich gefilmt und am PC archiviert haben.

Grooming-Paragraf

Schon das Anbahnen sexueller Kontakte zu Unmündigen (unter 14 Jahren) in Chaträumen oder Messenger-Diensten im Internet ist in Österreich seit 2012 unter Strafe gestellt. Der sogenannte Grooming-Paragraf verbietet auch die Betrachtung pornografischer Darbietungen Minderjähriger live mittels Webcam. Die Höchststrafe dafür beträgt zwei Jahre Haft. Kommt es zu realen Treffen mit sexuellen Handlungen mit Unmündigen und Minderjährigen, sieht das Strafgesetz wesentlich höhere Strafen vor.

Empfehlungen für Prävention

Die Landespolizeidirektion Niederösterreich reagierte am Montag auf die großteils via Internet angebahnten Missbrauchsfälle mit einem Appell an Angehörige, mit Kindern regelmäßig über Aktivitäten im Internet zu sprechen. Das Bundeskriminalamt hat Präventionsempfehlungen ausgearbeitet:

· Kinder und Jugendliche sollten darauf vorbereitet werden, dass der Gesprächspartner im Internet oft nicht der ist, für den er sich ausgibt. Niemand weiß, wer sich hinter den Benutzernamen, wie z. B. "cool15" oder "sportlich16" versteckt.

· Diskutieren Sie darüber, welche Bilder ins Netz gestellt werden. Erotische Fotos können Auslöser für Grooming, Cybermobbing oder Erpressung sein.

· Üben Sie mit Kindern konkrete Möglichkeiten, wie sie sich vor sexueller Belästigung über das Internet schützen können. Verbale sexuelle Belästigung sollen Kinder und Jugendliche mit einem klaren Nein beenden.

· Vermitteln Sie dem Kind, dass es über seinen eigenen Körper selbst entscheiden kann und sich gegen unangenehme Berührungen – auch von Familienmitgliedern – wehren darf. (simo, 16.11.2020)