In einem Werbespot der deutschen Supermarktkette Edeka werden Väter als die schlechtere Alternative zur Mutter präsentiert. (Symbolbild)

Foto: Getty Images/iStockphoto

Wien – Kübel für putzende Prinzessinnen, Kinderprodukte mit mageren Mädchen und Karrieretipps nur für Töchter: Der Negativpreis Goldener Zaunpfahl zeichnet seit vier Jahren Produkte und Unternehmen aus, die überholte Rollenklischees und sexistische Motive in der Werbung produzieren. In diesem Jahr können Verbraucher*innen zum ersten Mal in einer öffentlichen Abstimmung mitentscheiden, welches Unternehmen den Negativpreis verdient hat.

Bereits in den vergangenen Monaten konnten Verbraucher*innen besonders abstruse Auswüchse des Gendermarketings nominieren. Aus den knapp 100 Einsendungen hat eine siebenköpfige Jury sieben Kandidat*innen ausgesucht, die "beispielhaft für die Zweiteilung der Warenwelt stehen". Bis zum 29. November kann die Öffentlichkeit nun abstimmen.

Beim Blick auf die Nominierten wird klar: Statt in der Werbung Vielfalt zu zeigen oder Diskussionen über Zugehörigkeit anzustoßen, setzt die Marketingbranche immer noch auf Zweiteilung zwischen Geschlechtern.

Dünne Topmodels für trendorientierte Mädchen

Taschen, Blöcke, Federpennale: Unter der Marke "Topmodel" verkauft die Depesche Vertriebs GmbH & Co KG allerlei Produkte, die sich an "junge, trendorientierte Mädchen" ab acht Jahren richten sollen. In der Umsetzung heißt das: 14 dünne junge Comic-Frauen – inklusive zweier gezeichneter French Bulldogs – mit schmalen Nasen, unrealistisch großen Augen und vollen Lippen bringen allerlei Krimskrams an die jungen Käufer*innen. Die Models bewegen sich dabei in pinken Glitzerwelten.

Für die Juroren trägt die "Topmodel"-Reihe deshalb zu einem "eingeschränkten, auf das Äußerliche reduzierten Bewusstsein" von Heranwachsenden bei.

Putzende Prinzessinnen bei Obi

Wenn der Prinz nichts macht, muss die Prinzessin ran: Diesen Spruch auf pinken Putzkübeln verkauft die Baumarktkette Obi. Für die Preisrichter reproduziert der Händler damit "auf plumpe und stereotypische Art und Weise" das Bild, dass Care-Arbeit wie Aufräumen und Putzen "ganz natürlich" Aufgabe von Frauen sei.

Karrieretipps für Töchter

"Weiß Ihre Tochter eigentlich schon, was sie werden will?", fragt die Zahnärztekammer Westfalen-Lippe in einer Plakatkampagne, die in Zahnarztpraxen aushängt. Die Organisation schiebt einen Tipp gleich nach: "Wäre denn eine Ausbildung zur Zahnmedizinischen Fachangestellten denn nichts für die Tochter?"

Die Preisrichter kritisieren, dass sich die Kampagne nur an Eltern von Töchtern richte. Indirekt werde damit das Klischee reproduziert, dass Söhne wohl eher als Zahnärzte gesehen werden. Die Kampagne trage auch dazu bei, dass es immer noch Frauen- und Männerberufe gebe. "Dass Jungen diesen Beruf ergreifen könnten, wird so wenig in Erwägung gezogen wie die Tatsache, dass auch Mädchen ihren Lebensweg selbst bestimmen können und sollen", schreibt ein Mitglied der Jury.

Ein Schulranzen voller Geschlechterklischees

Der Schultaschen-Hersteller Scout gruppiert seine Produkte klar: Auf der Website gibt es Schultaschen für Mädchen und für Buben. Die Aufteilung nach Geschlecht hat offenbar nichts mit anatomischen Besonderheiten von Buben- und Mädchenkörpern zu tun. Vielmehr geht es um Farben und Motive. Buben können ihre grauen und blauen Taschen mit Motiven von Ninja Stars, Goalgettern und Space Command kaufen. Zu aufregend für Mädchen, scheint Scout zu denken. Denn ihre vor allem rosa, roten und pinken Ranzen sind vor allem mit niedlichen Motiven wie Glitter Flamingo, Wellenspiel und Unicorn Star verziert.

Salat frischer als dein Freund

Knackig, frisch gewaschen, immer auf dem schnellsten Weg nach Hause: So bewirbt Lebensmittelproduzent Bonduelle seinen Salat – und fragt, ob das Gemüse so denn nicht "Frischer als Dein Freund" sei. Bebildert ist die Kampagne mit Fotos von feiernden Männerrunden, dicken Chips essenden Männern in speckigem Unterhemd und schlanken, Salat essenden Frauen.

"Diese Werbekampagne basiert auf altbackenen Klischees von vorgestern – von Frische ist da nichts zu spüren", sagt ein Mitglied der Juroren dazu.

Mädchen als Fressopfer wilder Jungs

Mädchen sind niedlich, Buben wild – und gefährlich? In einer Kampagne bewirbt der Kinderprodukte-Händler myToys.de T-Shirts für Kinder. Das Mädchen trägt dabei ein rosa Leibchen mit einem glitzernden Hund und der Aufschrift "I feel cute". Daneben ist ein Bub zu sehen. Sein T-Shirt ist weiß, ein riesiges Krokodil ist darauf gedruckt und die Worte "I’m hungry".

So weit, so klischeehaft. Doch die Preisrichter des Goldenen Zaunpfahls kritisieren auch die Bildsprache in einem dritten Bild. Der Bub mit dem Krokodil-Shirt steht dann nämlich zwischen zwei Mädchen. Sie würden als "(Fress-)Opfer" präsentiert. "Das verrät zumindest der Seitenblick des Jungen auf eines der Mädchen. Besonders im Zeitalter von MeToo ist die geschlechterbetonte Darstellung von Prädator und Opfer ein No Go", so ein Mitglied der Jury.

Papas als "Vollhonks"

Danke, Mama, dass du nicht Papa bist: Das ist der Twist im Muttertagswerbespot der deutschen Supermarktkette Edeka. Zuerst sieht man allerlei Väter an der Fürsorgearbeit für ihre Kinder scheitern. Sie können keine Haare bürsten, der Standmixer ist ein Mysterium für sie, und beim Basketball werfen sie dem Kind den Ball ins Gesicht.

EDEKA

Für die Begutachter*innen des Goldenen Zaunpfahls steht fest: "Es wird nicht nur das übliche Idiot-Dad-Klischee bedient, sondern Väter werden in allen Facetten als dumme, tollpatschige, unsensible Vollhonks präsentiert." Das sei herabwürdigend für Väter, die tatsächlich Care-Arbeit übernehmen. (Ana Grujić, 17.11.2020)