Schwieriger Gang: Der deutschen Klimapolitik wird der Prozess gemacht.

Der vorsitzende Richter Richter Hans-Walter Klein, gespielt von Edgar Selge.

Nina Kunzendorf als Anwältin Wiebke Kastager: Sie setzt sich für die Koalition der 31 Staaten ein, die von Deutschland Schadenersatz verlangen.

Im Zeugenstand steht auch Angela Merkel (Martina Eitner-Acheampong), im Jahr 2034 ist sie 80 Jahre alt.

Wir schreiben das Jahr 2034, in Deutschland ist es heiß, sehr heiß. Die Folgen des Klimawandels sind dramatisch, die Menschen leiden auch hier in Mitteleuropa. Aber nicht nur hier. Weltweit zerstörten Dürre, Hochwasser, Sturmfluten, Hitze in den letzten Jahren die Lebensgrundlage von Millionen Menschen. Aber wer ist Schuld an dieser Situation? Und inwiefern ist die deutsche Politik verantwortlich für die Klimakatastrophe? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des fiktiven Gerichtsdramas "Ökozid", zu sehen am Mittwoch im Hauptabend in der ARD.

Nach der dritten Sturmflut, die den Sitz des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag heimgesucht hat, findet der Prozess gegen Deutschland in Berlin statt. Zwei Anwältinnen vertreten 31 Länder des globalen Südens, die ohne Unterstützung dem Untergang geweiht sind. Diese Länder fordern von Deutschland Schadenersatz, es geht um das Recht der Natur auf Unversehrtheit, um das eigene Überleben zu sichern. So viel zur Ausgangslage von "Ökodzid".

Akribische Recherche

Dramaturgin Jutta Doberstein und Regisseur Andres Veiel haben dafür akribisch Fakten gesammelt, Archivmaterial gesichtet, Protokolle ausgewertet. Die Macher dieser ARD-Produktion tauchen ein in die deutsche Umweltpolitik der Jahre 1998 bis 2020 und schaffen so ein spannendes Justizdrama, basierend auf echten wissenschaftlichen Erkenntnissen und hochgerechnet auf das Jahr 2034.

Im Film tragen beide Seiten – die Vertreter der Bundesrepublik und die Anwälte der Klägerstaaten – ihre Argumente vor, hinterlegt mit realen Bildern von Hurrikans, Sturmfluten, Interviews und Politikerstatements während Klimakonferenzen der vergangenen Jahre.

"Zum ersten Mal wird vor dem Internationalen Gerichtshof darüber verhandelt, ob Staaten grundsätzlich die Pflicht haben, gegen den Klimawandel vorzugehen. Nach Auffassung der Kläger hat die Bundesrepublik Deutschland durch Abschwächung und Blockade europäischer Klimaschutzvorgaben ihre völkerrechtliche Pflicht verletzt, einer Erhöhung der weltweiten CO2-Konzentration entgegenzuwirken", heißt es im Eingangsstatement des vorsitzenden Richters Hans-Walter Klein, gespielt von Edgar Selge.

Die Kläger fordern einen Schadensersatz von jährlich 60 Milliarden Euro, sie beziehen sich auf die Menschenrechte. Weil ohne Zugang zu Wasser, ohne saubere Luft zum Atmen ein Leben in Würde nicht möglich ist.

Die Frage nach Schuld und Verantwortung

Stellt sich die Frage, ob sich aus den Menschenrechten Pflichten für die Staaten hinsichtlich des Umgangs mit dem Klimawandel ableiten lassen. Die Bundesrepublik verneint dies, die mittlerweile 80-jährige Angela Merkel (Martina Eitner-Acheampong) sitzt als Zeugin der Verteidigung auf der Anklagebank. Auch frühere Industrielle, Politiker, Vertreter von Umweltschutzorganisationen nehmen dort im Zeugenstand Platz. Es geht um viel. Ein Präzedenzurteil würde eine Klagewelle mit Milliardenforderungen nach sich ziehen. Aber, so der Richter: "Verweigern wir uns einem Urteil, dann lassen wir die Klägerländer mit ihrem Leid und mit ihrer Not allein."

Die Anwälte der Klägerstaaten – allen voran die junge, ehrgeizige und idealistische Larissa Maybach (Friederike Becht) und ihre schon abgebrühtere Kollegin Wiebke Kastager (Nina Kunzendorf) als Chefanwältin der Koalition der 31 Staaten, kämpfen für ein Urteil. Die Verteidigung der Bundesrepublik übernimmt Ulrich Tukur als Victor Graf. Es geht um CO2-Zertifikate, die Verflechtungen zwischen Wirtschaft und Politik, systematische Fehler im Umgang mit der Klimakrise und natürlich die Frage nach Schuld und Verantwortung. Aber auch um Fake-News, Lobbying und Machtverhältnisse und gefährliche Deals abseits der Öffentlichkeit.

"Ökozid"ist Teil der ARD-Themenwoche "#Wie Leben – Bleibt alles anders". Im Anschluss an den Film wird bei "maischberger.thema" über die Schuldfrage in der Klimakrise diskutiert. Zu Gast sind "Ökozid"-Schauspieler Edgar Selge, Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, (CDU), Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer, Mohamed Nasheed (ehem. Staatspräsident der Malediven), Ökonomien Maja Göpel und der designierte Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf. (Astrid Ebenführer, 18.11.2020)