Warten auf das Glück: Vor dem Mochi in der Praterstraße zeigen wohlerzogene Jünger, wie Schlangestehen auf Distanz geht.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Die Mochis hat es in diesem Lockdown doppelt hart getroffen. Weil das Stammlokal in der Praterstraße zu klein ist, um unter Einhaltung der gesetzlichen Abstandsregeln betrieben zu werden, hätte das Restaurant mit Anfang November in ein blitzschnell umgebautes Ausweichquartier am Vorgartenmarkt übersiedeln sollen. Alles war fertig, die Übersiedlung im Gang, als der erste "leichte" Lockdown samt Gastroschließung verordnet wurde.

Während sich viele Kollegen jetzt über den Geldregen aus dem Finanzministerium freuen und die Zeit mit Wundenlecken verbringen, haben die Mochis einfach Plan C aus der Schublade gezogen. Und das ist, man will seinen Kunden in dunklen Zeiten schließlich beistehen, ein Takeaway-Service der doch sehr speziellen Art.

Während fertiggerollte Makis, Donburis, Suppen und Salate wie gehabt im Takeaway-Spin-off OMK von vis-à-vis geordert werden können, bietet "Mochi to go by Eduard Dimant" doch deutlich speziellere Optionen für den harten Kern der Fanbase. Insofern ist es nur konsequent, dass dabei deren Mitarbeit eingefordert wird.

Mitkochen

Okay, bei den Teishoku-Boxen besteht diese im Wesentlichen aus dem aus Auspacken der liebevoll verpackten Goodies. Dass Gestaltungswille bei Takeaway-Essen fast noch wichtiger ist als beim Restaurantgeschirr, wissen die Mochis – das darf schließlich ins eigene Zuhause.

Der Inhalt kann es aber auch, mit diversen Salaten, ganz wunderbar aromatisch eingelegten Shiitake Pilzen, Daikon-Kimchi oder seidigem Sashimi von der Goldbrasse mit Yuzu-Dressing. Die Hauptspeisen waren bei der Ankunft nur noch handwarm, dagegen hilft ein kurzer Aufenthalt bei 50 Grad Celsius im Backrohr (gleich in der Kartonverpackung): Ganz köstliches Unagi Chirashi – süß marinierter Aal auf Reis, oder gegrilltes Ingwer-Huhn, das auch jederzeit als echtes Essen durchgeht.

Was Eddi Dimant aber wirklich will, ist, seine Gäste zum Mitkochen zu animieren, schließlich ist dem Mann an echt gutem Essen gelegen.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Was Eddi Dimant aber wirklich will, ist, seine Gäste zum Mitkochen zu animieren, schließlich ist dem Mann an echt gutem Essen gelegen. Bao-Buns packt er samt Anleitung zum Selberdämpfen ein, Ragout vom Schweinsschopf gibt’s fixfertig (und zu cremig würziger Essenz zerfallen) in Plastik verschweißt, es kann im Wasserbad aufgewärmt werden.

Dazu gibt es Salatherzen, Koriander, Kimchi, gestiftelte Frühlingszwiebel, allerhand Saucen in Dosierfläschchen zum Ausdekorieren und anderes mehr. Die ansonsten zu Apathie neigenden Halbstarken im Isolationshaushalt gerieten darob aus dem Stand in Zappeleuphorie, hurra.

Wir spielen Koch

Während sich die Bao-Orgie mehr oder weniger von selbst erklärt, ist der DIY-Sushikit von Dimant ein bisserl herausfordernder. Die prachtvoll arrangierte Box mit Bernsteinmakrele, Dorade, Label-Rouge-Lachs, alle zu makellosen (also keinesfalls zu dünnen!) Bissen geschnitten und in herausragender Frische und Qualität (kommt, wenig verwunderlich, von Eishken Estate), wird mit richtig gutem – noch lauem – Sushi-Reis, Nori-Blättern und Bambusmatten, eingelegtem Rettich und Kürbis, Daikonkresse, Lachstartare, Wasabi, Gari und, für die ganz bösen Inside-out-Rolls unvermeidlich, diversen Saucen von Teriyaki bis Trüffelmayo im Dosierfläschchen komplettiert.

Dazu gibt es ein How-to-Video auf Instagram. Ändert freilich nix daran, dass der Selbstversuch zu fröhlicher Patzerei ausartet und die Handrolls je ärger sie gut schmecken, desto abenteuerlicher schiach aussehen. Immerhin: Nigiris vermag man sich recht schnell so zu pressen, dass sie auch optisch Freude machen. Geschmacklich ist das alles ohnehin um Lichtjahre besser, als was fertiggedrehtes Takeaway leisten kann. (Severin Corti, RONDO, 20.11.2020)

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