Der Fall der Hacklerregelung wird so manchen künftigen Pensionisten um viel Geld bringen – doch dafür wächst der Kreis der Bezieherinnen und Bezieher.

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Die SPÖ wirft ihnen unsoziale Politik vor: Koalitionäre Klubchefs Sigi Maurer (Grüne) und August Wöginger (ÖVP)

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Walter Pöltner ist ein scharfzüngiger Kritiker. Zuletzt ging der Chef der Alterssicherungskommission, die über das Pensionssystem wacht, hart mit der seiner Meinung nach zu freigiebigen Politik ins Gericht. Doch nun ist der Kurzzeit-Sozialminister Feuer und Flamme. Eine gute Idee habe die Regierung vorgelegt, sagt er: "Endlich einmal ein sozial sinnvolles Paket."

Pöltner meint damit das Ende der heuer von Neuem eingeführten Hacklerregelung, die es Männern nach 45 Arbeitsjahren erlaubt, ohne Einbußen schon ab 62 Jahren statt erst im regulären Pensionsalter von 65 Jahren in den Ruhestand zu gehen. ÖVP und Grüne wollen diesen Vorteil ab 2022 durch einen Frühstarterbonus ersetzen: Wer zwischen dem 15. und 20. Lebensjahr gearbeitet hat, soll extra Geld auf die Pension draufbekommen.

SPÖ prangert unsozialen Akt an

Vor allem SPÖ und Gewerkschaft laufen allerdings gegen das Aus für die Hacklerregelung Sturm: Dass künftig wieder, wie schon vor 2020 der Fall, Abzüge von 4,2 Prozent pro Frühpensionsjahr fällig werden, sei für Menschen mit 45 Arbeitsjahren auf dem Buckel schlicht unsozial.

Hat das Argument nicht viel für sich? Kritiker halten die fehlende Treffsicherheit der Regelung entgegen. Klassische Hackler hätten oft eben nichts davon, weil sie wegen Arbeitslosigkeit und Krankheit die 45 Jahre nicht zusammenbringen. Profitiert haben Menschen mit weit überdurchschnittlichen Pensionen.

Über 300 Euro mehr dank gefallener Abschläge

Laut Daten der Pensionsversicherung (PVA) für die Arbeiter und Angestellten kamen Bezieher einer vorzeitigen abschlagsfreien Alterspension im ersten Halbjahr 2020 im Schnitt auf 2.966 Euro brutto im Monat – zu 94 Prozent sind das "Langzeitversicherte", also Nutzer der Hacklerregelung. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Alterspension liegt lediglich bei 2.064 Euro (Männer) und 1.251 Euro (Frauen). Im Schnitt hat die Abschaffung der Abschläge die betroffenen Pensionen um 305 Euro im Monat erhöht.

ÖVP und Grüne präsentierten unter Verweis auf das Sozialministerium etwas andere Zahlen, die im Gegensatz zu den PVA-Daten ausschließlich auf die "Hackler"-Pensionen fokussieren. Demnach betrug eine solche Pension im ersten Halbjahr im Durchschnitt 2.845 Euro im Monat, das sind gleich 420 Euro mehr als im Vorjahr, als es noch Abschläge setzte.

Herbe Einbußen für Hackler in spe

So oder so bedeutet das neue Modell für jene, die in Zukunft in die Hacklerregelung gefallen wären, herbe Einbußen, denn der Frühstarterbonus verspricht maximal 60 Euro pro Monat. Anspruch soll haben, wer zwischen dem 15. und 20. Lebensjahr mindestens zwölf Monate gearbeitet und Pensionsbeiträge gezahlt hat und am Ende insgesamt auf 25 Beitragsjahre kommt. Jeder Monat zwischen 15 und 20 Jahren wird mit einem Euro mehr Pension belohnt.

Mit 37 Millionen Euro im ersten Jahr soll der Bonus laut ÖVP und Grünen in etwa gleich teuer kommen wie die Hacklerregelung. Dafür werde das Geld gerechter verteilt, argumentieren die Klubchefs August Wöginger und Sigrid Maurer.

Das sieht auch der Pensionsexperte Pöltner so: Künftig kämen alle, die jung gearbeitet haben, zum Zug – somit anders als derzeit bei der Hacklerregelung auch Frauen. Weil deren Pensionsalter aktuell noch bei 60 Jahren liegt, waren laut PVA unter den bisher 9.742 Begünstigten nur fünf Frauen. (Gerald John, 17.11.2020)