Auch wenn sich erst Ende der Woche die Nebel rund um die jüngste Mission des Kanzlers lichten, zeichnen sich zu den von ihm begehrten Corona-Massentests vor Weihnachten erste Planungen des Bundesheers ab. Bekanntlich überrumpelte Sebastian Kurz (ÖVP) via sonntäglicher ORF-"Pressestunde" selbst die Verantwortlichen, die diese breiten Screenings bis zu den Feiertagen mitabwickeln sollen – kaum jemand wurde davon vorab in Kenntnis gesetzt, geschweige denn, dass es Vorbesprechungen gegeben hätte.

Anders als beim Testlauf in der Slowakei kann nicht die Sanitätseinheit des Bundesheers bei den hiesigen Corona-Massentests die Abnahme unzähliger Abstriche übernehmen – sie wurde längst kleingespart.
Foto: APA / Bundesheer / Streit

Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) etwa bestätigt dem STANDARD: "Das Burgenland wurde einmal mehr nur über die Medien informiert." Nachsatz des vormaligen Verteidigungsministers: "Fragwürdig ist auch das Signal, dass einem das Bundesheer immer nur dann einfällt, wenn ein Lückenbüßer benötigt wird – und bei der nächsten Gelegenheit wird dann wieder sein Budget gekürzt."

Nach dem harten Lockdown will Kurz zunächst Lehrer testen lassen, ehe sie in die Schulen zurückkönnen, danach sollen – wie in der Slowakei unter Organisation der dortigen Streitkräfte erfolgt – große Teile der restlichen Bevölkerung vom hiesigen "Angebot" rascher Antigentests Gebrauch machen, um virenfreie Familienfeiern zu ermöglichen. Der erste Testlauf für Pädagogen könnte am Wochenende vom 5. auf den 6. Dezember stattfinden, die danach folgenden Massentests rund um den 20. Dezember.

Am Mittwoch lädt der Kanzler zu einem Treffen mit den Sozialpartnern, der Ärztekammer und der MedUni Wien, auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) soll dabei sein – man wolle einen Schulterschluss erwirken, hieß es im Vorfeld.

Dem Gehorsam verpflichtet

Abgesehen davon, dass rund um Kurz' mediale Befehlsausgabe noch juristische und epidemiologische Fragezeichnen kreisen, bedeuten die Massentests einen enormen logistischen Aufwand. Erst mit Montag sind die Planungen angelaufen. Steht beim Bundesheer wegen der überstürzten Aktion nun alles kopf – oder ist eh alles im grünen Bereich?

Mehrere hochrangige Militärs versichern dem STANDARD, dass man für ein geordnetes Prozedere sorgen werde. Tenor: Schließlich sei man "auf Befehl und Gehorsam" ausgerichtet – und koordinierende Funktion habe man in Assistenz ja auch 2015 beim Flüchtlingsandrang an der Grenze übernommen. Massentests "können wir", sagt einer, "wie auch bei Hochwasser schicken wir unsere Leute für die Bevölkerung los". Grummeln über die Vorgangsweise der Kanzlerpartei ist hinter den Kulissen dennoch zu vernehmen.

Anders als etwa von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) mit Hinweis auf 30 Sanitäter des Bundesheers suggeriert, dass diese unlängst im Raum Bratislava im Zuge der dortigen Massentests an die 5.500 Abstriche am Tag abgenommen haben, gilt es hierzulande als ausgeschlossen, dass die Sanitätseinheit des Militärs die Massentests durchführt – denn auch sie wurde längst kleingespart und dient nur mehr der internen Versorgung.

Zackiger Ablauf in Planung

Bedeutet: Für das Abnehmen der Abstriche müssen wohl das Rote Kreuz und andere Blaulichtorganisationen ran, damit von der Millionenstadt Wien bis ins hinterste Dorf getestet werden kann. Den Soldaten – derzeit wird eilig kalkuliert, wie viele es benötigt – käme vorrangig die Aufgabe zu, dass alles zackig vonstattengeht. Um Ansammlungen zu vermeiden, müssen rasch Wartebereiche zugewiesen und Abgänge minutiös berechnet werden.

Ein hoher Offizier hält fest: "Einen strukturierten Dialog hätten wir schon vor einem Dreivierteljahr haben können – auch über die Landesverteidigung." Denn es könne nicht sein, dass das Heer zu einer Feuerwehr fürs Land verkomme. (Nina Weißensteiner, 17.11.2020)