Wenn man in der Früh die Küche betritt und erfreut feststellt, dass man die Knoblauchschwaden vom Vorabend noch immer riecht;

wenn man die Zeitung wieder, wie zu Beginn der Pandemie, mit spitzen Fingern von der Türmatte nimmt und abwischt;

wenn man bei der morgendlichen Videokonferenz die Kollegen und Kolleginnen unter dem Gesichtspunkt screent, wer es von ihnen noch rechtzeitig vor dem Lockdown zum Haarschneider geschafft hat;

wenn die Grippeimpfung das Ganslessen als saisonales Event, das du in deinem Freundeskreis am ausführlichsten bequatscht, abgelöst hat;

wenn man "Auseinander!" rufen will, wenn auf einem alten Foto zwei Menschen sehr nahe aneinander stehen;

wenn es fast physisch wehtut, wie sich im Fernsehfilm die maskenlosen Leute drängen;

wenn man an der Ecke der Gasse aussteigt, in der sich das Labor befindet, damit sich der Taxifahrer nicht erschreckt;

wenn man ihm, weil er sich trotzdem erschreckt hat, erzählt, dass man den Test braucht, weil die einzig überlebende Tante ihren 95er feiert und unbedingt besucht werden muss;

wenn man mit hoffnungslos beschlagenen Brillengläsern beinahe die Treppe in der U-Bahn-Station herunterfällt und dabei katholische Schuldgefühle entwickelt: Das kommt davon, wenn man nicht auf die heilige Dreifaltigkeit Basti, Rudi und Karli hört. (Gudrun Harrer, 17.11.2020)