Manchmal reicht der Wind nicht aus, und auch die Sonne scheint zu wenig kräftig; dann müssen Reservekraftwerke angeworfen werden, um die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage zu schließen. Künftig dürfen auch Betreiber von Kleinkraftwerken mitbieten.

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Aus dem Beschluss des immer wieder verzögerten Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) wird heuer nichts mehr. In einer Regierungsvorlage wird am Mittwoch nur ein Teilaspekt beschlossen, wenngleich ein wichtiger, erfuhr DER STANDARD aus dem Büro von Energie- und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne). Es geht um die Sicherstellung von Kraftwerksreserven, sollten Wind und Sonne zu gewissen Zeiten nicht genug Strom liefern.

Dann müssen Kraftwerke ans Netz, die in der Lage sind, sofort Strom einzuspeisen. Alternativ können Großverbraucher abgeschaltet werden, um eine Stresssituation zu vermeiden. Weicht nämlich die Netzspannung zu weit ab, schädigt das nicht nur Geräte, es kann zu einem Blackout führen.

Kleinkraftwerke als Reserve

Der Pool an Lieferanten von Reserveenergie wird künftig erweitert. Nicht nur Großkraftwerke – in der Regel gasbetriebene KWK-Anlagen (Kraft-Wärme-Kopplung – können an der Netzreserve teilnehmen, sondern auch kleinere Kraftwerke mit einer Leistung unter einem Megawatt (MW). Voraussetzung ist allerdings, dass sich diese über Aggregatoren zusammenschließen.

Erstmals kann die Netzreserve auch von Industrieunternehmen angeboten werden: Ist zu wenig Strom im Netz, verpflichten sich diese Unternehmen, augenblicklich vom Netz zu gehen, um einen Engpass zu verhindern. Demand Side Response nennt sich das. Wer an der Netzreserve letztlich teilnehmen darf, wird über eine Ausschreibung ermittelt, wobei der günstigere Anbieter den teureren aussticht.

Künftig Drei- statt Zweijahresverträge möglich

Ein großer Streitpunkt war bisher, auf wie viel Jahre die Verbund-Tochter Austrian Power Grid (APG), die für die Stabilität des Hochspannungsnetzes in Österreich zuständig ist, Verträge mit Anbietern von Reserveenergie abschließen darf. Anbieter von Kraftwerksreserven forderten im Sinne der Planbarkeit eine möglichst lange Zeit. Geworden sind es nun laut Regierungsvorlage drei statt bisher zwei Jahre.

In der Regel handelt es sich um Kraftwerke, die für den Normalbetrieb zu teuer sind, weil Windkraft- oder Photovoltaikanlagen Strom günstiger produzieren können. Für Kraftwerke, die als Reserve herangezogen werden, gibt es Kostenersatz für das Vorhalten der Leistung und bei Abruf Extrageld.

Förderung trotz EAG-Verzögerung gesichert

Das EAG selbst, zu dem es im Begutachtungsverfahren eine Vielzahl an Verbesserungsvorschlägen gab, muss noch von der EU-Kommission genehmigt werden. Eine Vielzahl an Fragen aus Brüssel seien zu beantworten, was den Gesetzwerdungsprozess in Österreich verzögere, heißt es im Ministerium. Auch wenn das Gesetz erst Anfang Jänner mit der notwendigen Zweidrittel-Mehrheit beschlossen werde – die Förderung erneuerbarer Energien sei durch umfangreiche Mittel aus dem Konjunkturpaket und dem bestehenden Ökostromgesetz dennoch gesichert. (Günther Strobl, 18.11.2020)