Messengerdienste sollen der EU Zugriff auf Konversationen gewähren.

Foto: Imago Images/Christoph Hardt

Bereits am 9. November berichtete der Standard, dass die EU nach dem Anschlag am Wiener Schwedenplatz ein Verschlüsselungsverbot plane. In einer am Montag abgehaltenen Sitzung des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des EU-Parlaments, gab es diesbezüglich Ausführungen, aber auch Kritik, zu den geplanten Maßnahmen.

Betont wurde dabei die Wichtigkeit der grenzen übergreifenden Zusammenarbeit von Ermittlungsbehörden. Es gäbe an sich nur drei Ermittlungsansätze zur Terrorismusabwehr: Reisebewegungen, Kommunikation und bestehende Auffälligkeiten aufgrund bereits begangener Straftaten, sagt diesbezüglich Christian Klos, Leiter der Abteilung öffentliche Sicherheit im deutschen Bundesinnenministerium.

Fehlender Zugriff

Es brauche deshalb auch eine Diskussion über Verschlüsselung und Entschlüsselung, denn bei der Kommunikation müsse man in den Stand der Abhörungsmöglichkeiten versetzt werden wie bei analogen Telefonen, fordert Klos. Außerdem soll der Prümer Vertrag, ein EU- Abkommen zur Erleichterung des zwischenstaatlichen Informationsaustauschs, ausgebaut und gestärkt werden. Ermittlungsbehörden sollen somit leichter an notwendige Informationen ihrer Nachbarländer kommen. Derzeit sind 13 EU-Staaten Teil des Abkommens, darunter auch Österreich und Deutschland.

Für Ermittlungsbehörden seien all das essenziell notwendig, beziehe sich aber ausschließlich auf Verdächtige terroristischer Straftaten oder schwerer Kriminalität. Die breite Bevölkerung soll nicht von den Maßnahmen betroffen sein. Wie diese Einschränkung in der Praxis aussehen soll, bleibt offen.

Politischer Arm des Islamismus

Vom Begriff des politischen Islam, der seit Kurzem wieder häufig aus der Politik zu hören ist, nimmt Christian Klos bewusst Abstand. Besser könne man das Problem mit der Begrifflichkeit des politischen Arms des Islamismus definieren. Weiters stellte er klar, dass die Erklärung der Innenminister zur Terrorismusbekämpfung absichtlich breit gefasst sei. Diese solle explizit nicht nur islamistischen Terror, sondern auch Rechtsextremismus umfassen.

Klare Kritik

"Wir müssen klar hinter Grundrechten und Meinungsfreiheit stehen", sagt hingegen Patrick Breyer, EU-Parlamentsabgeordneter in der Grünen Fraktion. Er sehe es kritisch, wenn die EU als Reaktion auf Terrorismus Freiheiten einschränke, denn damit überlasse man den Attentätern einen Sieg.

Ähnlich sieht das Cornelia Ernst von den Linken. Sie bezweifelt, dass stärkere Datensammlung tatsächlich Terroranschläge dieses Ausmaßes verhindern könne. Zur erfolgreichen Bekämpfung brauche es mehr als die angedachten Maßnahmen der Kommission, sagt Ernst.

Vorstoß bis Ende des Jahres

EU-Innenkommissarin Ylva Johansson drängt hingegen auf den raschen Abschluss der Verhandlungen um die umstrittene Löschpflicht terroristischer Inhalte noch bis Ende des Jahres. Diese würde Onlineplattformen dazu verpflichten, Terrorinhalte im Netz innerhalb einer Stunde nach Aufforderung durch eine Behörde zu entfernen.

Ob eine Ausweitung der Überwachung einen Anschlag wie in Wien hätte verhindern können, ist unklar. Der Attentäter wurde bereits von In- und ausländischen Behörden überwacht, Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat bereits mehrere Ermittlungspannen im Vorfeld des Terroranschlags eingestanden. (mick, 20.11.2020)