Wien – Die Corona-Müdigkeit hinterlässt viele Spuren: So ist trotz einer gestiegenen Angst vor Ansteckung die Zustimmung zu den Maßnahmen der Regierung auf nur noch die Hälfte der Bevölkerung gesunken. Der Anteil jener, die sich gar nicht mehr über Corona informieren, geht zwar laut dem aktuellen Corona-Stimmungsbarometer von Gallup wieder zurück. Mehr als ein Drittel der Österreicher verweigert aber sehr häufig Corona-Nachrichten, weitere 46 Prozent weichen diesen gelegentlich bewusst aus.

In diesem schwierigen Umfeld sind es laut Gallup Qualitätsmedien, denen hohe Glaubwürdigkeit bei Nachrichten über das Coronavirus und die Covid-19-Erkrankung attestiert wird: 87 Prozent der Befragten, die vorher erklärten, sie nutzten diese Medien*, nannten den STANDARD, jeweils 80 Prozent die "Oberösterreichischen Nachrichten" und die "Salzburger Nachrichten". Hohe Glaubwürdigkeit wird auch dem Radiosender Ö1 (87 Prozent), der "Presse" (77 Prozent), dem ORF (75 Prozent), dem "Kurier" und der "Tiroler Tageszeitung" (73 Prozent) attestiert.

Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Bewertung der Relevanz von Corona-Informationen. Hier weist Gallup der "Presse" in der jüngsten Befragung Anfang November 72 Prozent aus, dem STANDARD und den "Salzburger Nachrichten" jeweils 69 Prozent, den "Oberösterreichischen Nachrichten" auf 68 Prozent.

Wird die Krise wieder akut, bestätigen die Österreicher neben den Qualitätstiteln des Printsektors den öffentlich-rechtlichen Angeboten höhere Glaubwürdigkeits- und Relevanzwerte, im Fall des ORF 75 bzw. 78 Prozent.

Journalistische Qualitätskriterien relevant

Bereits zum fünften Mal wurden von 5. bis 10. November für das Corona-Stimmungsbarometer 1.000 Österreicherinnen und Österreicher online über die Corona-Krise, ihr Bild der Politik im Zusammenhang mit der Pandemie und ihre Mediennutzung befragt. "Die gute Nachricht ist, dass offensichtlich journalistische Qualitätskriterien eine Rolle spielen", so Medienwissenschafter und -berater Andy Kaltenbrunner vom Medienhaus Wien.

Andrea Fronaschütz, Leiterin des Gallup-Instituts: "Trotz der Ermüdung werden die Traditionsmedienmarken für den aktuellen Informationsbedarf auf nationaler als auch regionaler Ebene von den Österreichern am intensivsten genutzt." Den höchsten Anteil unter den jungen Lesern würden "Qualitätstitel mit einem guten Online-Angebot" verzeichnen. So gaben 47 Prozent der 16- bis 30-Jährigen an, den STANDARD in Sachen Corona-Infos gedruckt oder online gelesen zu haben. Von Jungen stark genutzt werden laut Fronaschütz auch Direktquellen, sprich Webangebote der Ministerien.

Die am häufigsten genutzte Nachrichtenquelle für Corona-Infos ist weiterhin das Fernsehen (79 Prozent), gefolgt von Zeitungen (Print und Online; 56 Prozent), Radio (49 Prozent) und den sozialen Medien (32 Prozent).

Das Greifen einer Nische sieht Fronaschütz bei Servus TV: Mit seinem hohen Anteil an kritischen Aussagen zu Corona-Maßnahmen habe der Sender offenbar eine Community von Corona-Skeptikern geschaffen, die dem Sender hohe Relevanz (65 Prozent) und Glaubwürdigkeit (72 Prozent) zuspricht. Das Publikumsinteresse an Corona-Information (21 Prozent) sei bei den Befragungsergebnissen höher als der sonst übliche Marktanteil von Servus TV.

Als Motive für die Nachrichtenverweigerung ortet das Corona-Barometer einen mangelnden Überblick bzw. Überlastung durch zu viele Nachrichten bei fast der Hälfte (45 Prozent) und Unsicherheit, welchen der unterschiedlichen Quellen man vertrauen soll, bei rund einem Drittel. Bei jeweils einem knappen Drittel sei es die Einsicht, dass man an der Situation nichts ändern kann bzw. werden die Nachrichten als belastend empfunden.

Mehrheit befürchtet Kollateralschäden

Gedreht hat sich die Einschätzung der Kollateralschäden der Corona-Politik. Hier sind erstmals die Pessimisten in der Überzahl: "63 Prozent meinen, dass die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Maßnahmen das Leben von mehr Menschen in unserem Land zerstören werden als die Krankheit selbst, und 56 Prozent fürchten, dass die soziale Isolation indirekt mehr Schäden verursachen wird als Covid-19." Die Befragten stellten laut Fronaschütz zwar den Zusammenhang zwischen Ansteckungsrisiko und Reduktion persönlicher Freiheit her, trotzdem sei die Beurteilung der Regierungsmaßnahmen auf dem tiefsten Punkt seit Beginn der Corona-Krise.

Ein weiterer Indikator für ein suboptimales Krisenmanagement ist laut dem Corona-Barometer ein sinkendes Vertrauen in das Gesundheitssystem (von 53 auf 40 Prozent). Die Meinung, dass uns das Schlimmste noch bevorsteht, ist mit 44 Prozent wieder auf das Niveau vom März zurückgegangen. Stabil bleibt mit 27 Prozent der Anteil jener in der Bevölkerung, die an eine Corona-Verschwörung glauben.

Bei der Corona-Berichterstattung gefragt ist vor diesem Hintergrund laut Fronaschütz Transparenz. Es geht darum "klare, auf Recherche basierte Fakten im richtigen Ausmaß zu kommunizieren und die negativen emotionalen Auswirkungen einer zu einseitigen Kommunikation stets im Blick zu behalten". (glicka, 18.11.2020)