Gewerkschafterin Veronika Bohrn Mena ist wütend: Die Corona-Krise und die Hilfsmaßnahmen der Regierung vergrößerten die Ungleichheit in Österreich dramatisch, argumentiert sie bei "STANDARD mitreden" – und zwar mehrfach. So wachse die Kluft zwischen Arbeitnehmern. Da seien jene Angestellten, die nun sicher im Homeoffice arbeiten und in Form der Steuerentlastung ein ordentliches "Zuckerl" bekommen haben.

Dem gegenüber stünden viele Arbeitnehmerinnen, die prekär beschäftigt gewesen, häufig nur geringfügig angestellt gewesen seien, also nicht einmal Anspruch auf Arbeitslosengeld hätten, wenn sie gekündigt werden. "Vor allem sie haben die Jobs verloren. Nur scheinen sie in der Statistik nicht auf." Vor allem Frauen seien betroffen. Eine ähnliche Kluft ortet sie auch zwischen Unternehmen: Bau- und Elektromärkte, die bisher mehr Umsatz gemacht haben als im vergangenen Jahr, würden dennoch im Lockdown üppig entschädigt "und machen mehr Gewinne als sonst", während andere leer ausgingen. "Das versteht niemand."

Neben Bohrn Mena zu Gast war Franz Schellhorn, der Chef des wirtschaftsliberalen Thinktanks Agenda Austria, und die prominente Unternehmerin Doris Felber, die vor allem mit ihren Videos ("Nageln Sie sich eine Topfengolatsche") Aufmerksamkeit erregt hatte.

Schellhorn: Warmer, aber kurzer Regen

Schellhorn gab Borhn Mena in einem Punkt recht: Die Krise und die Antwort darauf erzeugten Verwerfungen und Ungerechtigkeiten. Er nannte noch ein anderes Beispiel: Beamte, die unkündbar zu Hause im Homeoffice sitzen würden, nicht einmal Zugang zu Servern hätten – und dennoch voll bezahlt würden.

Doch seien solche Ungleichgewichte "unvermeidbar" in der Krise. Bohrn Mena warf ihm daraufhin "Zynismus" vor, sprach von "unglaublicher Frechheit", die man nicht hinnehmen würde. Schellhorn konterte: Wenn Unternehmen behördlich gesperrt würden, müssten sie alle entschädigt werden, einzelne Betriebe auszunehmen sei schon rechtlich nicht möglich. Und: Angesichts der tiefen Krise davon zu sprechen, dass einzelne Unternehmen ein gutes Geschäft machen, sei verfehlt. "Bestenfalls ist das ein warmer Regen, der aber nur kurz andauert." Die österreichischen Hilfen seien aber großzügig.

Felber: "Wo sind die Arbeitslosen?"

Unternehmerin Felber erzählte von Höhen und Tiefen ihres Betriebes in Krisenzeiten. Aktuell sind wieder zahlreiche Filialen der bekannten Bäckerei geschlossen, jene in Baumärkten, auch jene in Bürovierteln, wo Kundschaft ausbleibt. Und die Unternehmerin rechnet hier mit dauerhaftem Wandel, fünf bis sechs Filialen werde man dauerhaft zusperren müssen. Zugleich lobte sie den Umsatzersatz für Gastronomie: "Der ist gigantisch, als ich das gehört habe, konnte ich das gar nicht glauben."

Und: Sie berichtete, dass sie trotz Krise am Jobmarkt nur schwer Mitarbeiter finde. "Ich verstehe das überhaupt nicht. Wo sind diese ganzen Arbeitslosen?", so Felber. Was ihre Erfahrungen genau waren? Die Antworten gibt es im Video.

Sehen im Talk: Wieso Schellhorn mit einer fortgesetzten schweren Wirtschaftskrise rechnet und wir Ausgaben wieder kürzen werden müssen. Gewerkschafterin Bohrn Mena erklärt, wie sie Familien und Arbeitnehmer besser unterstützen würde. Doris Felber erläutert, warum sie Amazon am liebsten zusperren lassen würde. (red, 18.11.2020)