Grbic hat den Punkt gerettet.

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Wien – Am Mittwoch um die Mittagszeit ist Norwegens Tormann Kristian Braatveit doch noch in Wien gelandet, ab 20.45 Uhr stand er im leeren Happel-Stadion im Kasten. Sein Coronatest ist doch negativ gewesen, also durfte er Oslo verlassen. Üblich ist, dass Österreichs Gegner in einem Länderspiel auch eine richtige (die beste) Nationalmannschaft mit einem dazugehörigen Teamchef stellt. Fehlanzeige. Die Vorgeschichte ist bekannt, die Elite befindet sich in Quarantäne, Trainer Lars Lagerbäck inklusive. Am Sonntag konnte man in Bukarest nicht antreten, die norwegische Gesundheitsbehörde hatten die Ausreise nach einem positiven Corona-Fall verboten. Die Partie wurde übrigens von der Uefa mit 3:0 für Rumänien strafverifiziert, ein Einspruch ist möglich, aber sinnlos

Ein Training

Für Wien wurde ein Not-Kader herbeigezaubert. An der Linie stand Leif Gunnar Smerud, der sich in einer normalen Welt um die U21 kümmert. Der 43-Jährige sagte: "Wir haben fürchterlich viel zu gewinnen und sehr wenig zu verlieren." Man konnte genau einmal gemeinsam trainieren. Für Österreich galt das Gegenteil. Franco Fodas Mannen hatten fürchterlich viel zu verlieren und nur wenig zu gewinnen. Noch ein nettes Zahlenspielchen: Die Startelf der Österreicher hatte insgesamt 456 Länderspiele in den Beinen, jene der Norweger 38.

Im Vergleich zum mauen 2:1 gegen Nordirland gab es zwei Veränderungen. Reinhold Ranftl ersetzte den gesperrten Aleksandar Dragovic, nicht als Innenverteidiger, sondern im offensiven Mittelfeld. Stefan Ilsanker rückte nach hinten. Marko Arnautovic stürmte anstelle von Michael Gregoritsch. Der 31-Jährige bestritt sein 87. Länderspiel, schön langsam wird er dem Rekordinternationalen Andreas Herzog (103) gefährlich. Die Ausgangslage passte zu dieser speziellen Partie, Österreich wäre bereits mit ein 0:1-Niederlage Gruppensieger. Aber das wollte man natürlich vermeiden.

Schwierig

Es ist schwierig, ein Fußballmatch unter solchen Umständen einzustufen, die robuste, motivierte, laufstarke Notelf verzeichnete in den ersten vier Minuten zwei Eckbälle. Logischerweise dominierten die Gastgeber, wobei die Zuschauer daheim vor den Flachbildschirmen nicht aus den Sofas gerissen wurden. Die Passqualität passte nicht. 20. Minute: Arnautovic schießt relativ knapp daneben. 30. Minute: Arnautovic zieht ab, Braatveit wehrt ab. 33. Minute: Topchance für die Notelf durch Jörgen Strand Larsen. 36. Minute: Pavao Pervan pariert gegen Jörgen Skjelvik. Ernüchterndes Halbzeitfazit: Viel Ballbesitz, wenig Ertrag, keine Ideen, die Notelf war der Führung näher.

61: Minute: Norwegen macht das 1:0. Ex-Rapidler Veton Berisha bedient Gjayas Zahid perfekt, Österreich ist bedient. 64. Minute: Foda reagiert endlich, bringt Adrian Grbic, einen zweiten Stürmer. Xaver Schlager geht.

70. Minute: Nach Pass von David Alaba vergibt Grbic einen Sitzer. 94. Minute: Grbic gleicht per Flachschuss aus. Schlussfazit: eher erbärmlich, aber Sinn erfüllt.

Österreich gehört nun zu den 16 besten Teams in Europa, in der nächsten Nations League warten Kapazunder wie Spanien, Frankreich, Italien oder Portugal, da ist man nicht Favorit. Deutschland wäre vermutlich ein angenehmer Gegner, nach dem 0:6 am Dienstag in Sevilla gegen Spanien soll man die Deutschen aber nicht unterschätzen. Ob die Pleite Bundestrainer Joachim Löw den Job kosten wird, ist offen. Oliver Bierhoff stellte sich fast schon verdächtig deutlich hinter den 60-Jährigen "Das Vertrauen ist vollkommen da, absolut", sagte der ebenfalls schockierte Direktor des deutschen Fußballbundes (DFB) nach dem Totalschaden.

Löw ratlos

Für Erholung und Reparatur bleibt je nach Blickwinkel zu viel oder zu wenig Zeit. Im März beginnt die WM-Quali, im Juni die EM-Endrunde. In Sevilla wirkte Löw ratlos. "Es hat überhaupt nichts funktioniert", sagte der Coach. Die Schwächen waren flott benannt: "Keine Organisation, keine Kommunikation, keine Zweikampfhärte. Das war tödlich."

Foda hat am Mittwochabend das Ziel erreicht und sitzt fest im Sattel. Obwohl fast nichts funktioniert hat. (Christian Hackl, 18.11.2020)

Fußball-Nations-League, Liga B, Gruppe 1, 6. und letzte Runde:

Österreich – Norwegen 1:1 (0:0).
Wien, Ernst Happel Stadion, keine Zuschauer erlaubt (wegen Coronavirus-Pandemie),
SR Bastien (FRA)

Tore: 0:1 (61.) Zahid

1:1 (94.) Grbic

Österreich: Pervan – Lainer, Ilsanker (82. Trauner), Hinteregger, Ulmer – X. Schlager (65. Grbic), Baumgartlinger – Ranftl, Sabitzer, Alaba – Arnautovic

Norwegen: Braatveit – Ryerson (81. Granli), Gabrielsen, Hanche-Olsen, Skjelvik – Zahid (81. Askildsen), Tronstad, Ulvestad, Möller Dähli (67. Thorstvedt) – Berisha (86. Vindheim), Strand Larsen (86. Evjen)

Gelbe Karten: Ilsanker bzw. Möller Dähli, Ryerson, Granli