Der Jurist Nikolaus Forgó übt Kritik am überarbeiteten "Hass im Netz"-Gesetzespaket. Er bezweifelt, dass die eigentlichen Verursacher von Hass im Netz mit den Maßnahmen erreicht werden und kritisiert, dass sich die Regierung mit dem Paket für einen "nationalen Sonderweg" entschieden habe, anstatt EU-weite Regelungen abzuwarten.

Außerdem seien einige der im Begutachtungsverfahren genannten Probleme nicht ausgeräumt worden, sagte Forgó im Gespräch mit der APA. Dazu gehöre etwa die "unscharfe Bestimmung, worum es überhaupt geht".

Plädoyer für Neugestaltung der Medienförderung

"Die Zielsetzung des Gesetzes ist unklar", sagte er. Gleich zu Beginn des Gesetzestexts sei etwa von Falschinformationen die Rede – ein anderes Problem als Hass im Netz, so Forgó, der Vorstand des Instituts für Innovation und Digitalisierung im Recht am Wiener Juridicum ist." Es ist erneut ein Versuch einer Lex Facebook oder einer Lex Google", bemängelte der er.

Dabei werde Gewalt im Netz auch durch traditionelle Medien verbreitet, wie erst kürzlich der Terroranschlag in Wien gezeigt habe. "Man würde schon viel erreichen, wenn man die klassischen Medien mehr in die Verantwortung nimmt", sagte er und plädierte für eine Qualitätsoffensive bei der Medienförderung.

Video nicht erfasst, Kommentare schon

Auch die eigentlich problematischen Plattformen wie "4Chan" oder "8kun" werde man mit den Maßnahmen des Pakets nicht erreichen. Kritisch sieht Forgó außerdem, dass audiovisuelle Mediendienste vom Kommunikationsplattformen-Gesetz losgelöst betrachtet werden, da sie bereits von der AVMD-Richtlinie erfasst sind.

Damit seien Videos auf YouTube beispielsweise nicht erfasst, die Postings darunter aber schon. Auch deshalb hätte er es für sinnvoller gehalten, sich die angekündigten Regelungen der EU-Kommission anzuschauen und nicht mit einer "alleinstaatlichen Lösung vorzupreschen".

Die EU-Kommission plant, am 9. Dezember einen Entwurf zur Bekämpfung illegaler Online-Inhalte auf EU-Ebene vorzulegen. Für den aktuellen österreichischen Gesetzesentwurf endet das Notifizierungsverfahren bei der EU-Kommission am 3. Dezember. Dabei wird dessen Vereinbarkeit mit den EU-Regeln gemäß der Transparenzrichtlinie geprüft. (APA. 19.11.2020)