Das Konzept hinter dem System: Nutzer sollen selbst entscheiden, wer welche Daten bekommt. Diese werden dezentral, nämlich lokal auf dem Smartphone, gespeichert.

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Wer online unterwegs ist, muss sich oft identifizieren. Sei es Google, Facebook, Spotify, das E-Banking oder aber das Forum für ein Nischeninteresse: Schnell einmal hat man zig Konten, und jedes Mal muss man sich aufs Neue anmelden, was dazu führt, dass man im schlimmsten Fall auch noch überall dasselbe Passwort verwendet. "MeineSichereID", ein neues Login-System, das in Zusammenarbeit mit mehreren in Österreich tätigen Unternehmen geschaffen wurde, soll nun eine Alternative bieten.

Das System basiert auf dem Self-Sovereign-Identity-Ansatz (SSI) von Sovrin, einer Blockchain-Technologie, die für diesen Anwendungsfall entwickelt wurde und somit auch der Datenstrategie der Europäischen Union entspricht, wie Matthias Stöcher, Generalsekretär des Vereins und beim STANDARD für Sonderprojekte zuständig, erklärt. Damit soll das System über deutlich mehr Möglichkeiten verfügen als bloß ein simples Login oder Single-Sign-on, den unternehmensübergreifenden Austausch von geprüften und verifizierten Daten. Vergleichbar sei das System Stöcher zufolge mit einer Art digitaler Dokumentenmappe, deren Inhalte User je nach Wunsch vorlegen können.

Dezentrale Speicherung

Anders als aktuell im Netz üblich, werden die Daten dezentral gespeichert. Heißt: Die Informationen von Usern werden von keiner zentralen Instanz verwaltet oder kontrolliert, sondern ausschließlich lokal in einer App auf dem eigenen Smartphone hinterlegt. Auf diese Weise wird eine Datensouveränität für den Bürger hergestellt, wirbt die Initiative. Will man sich wo einloggen und unterstützt eine Plattform das, kann man in einem weiteren Schritt selbst bestimmen, welche Daten man hergibt – und auch, ob das einmalig oder dauerhaft geschehen soll. Zudem kann die Datenweitergabe jederzeit widerrufen werden. Die Kontrolle über die App, die es für Android und iOS gibt, liege also beim Nutzer, sagt Stöcher.

Unternehmen könnten so digitale Registrierungshürden und Prüfprozesse, um angegebene Informationen zu verifizieren, abbauen, da die Daten, die der User mit seiner Zustimmung übermittelt, geprüft und über die Blockchain verifiziert weitergegeben werden. "Neben der lästigen Zeit, die immergleichen Daten auszufüllen, spart die Abschaffung dieser redundanten Prüfvorgänge durch so sein System circa zwei Prozent des BIP, wie eine Studie von McKinsey ausgerechnet hat", sagt Stöcher. "Das wird auch mit Daten aus den staatlichen Registern – zum Beispiel Meldezettel oder Führerschein – möglich sein."

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Mehrere Unternehmen dabei

In Österreich haben sich mehrere Unternehmen deswegen in einem gemeinnützigen Verein zusammengeschlossen, darunter A1, die Post, die Notariatstreuhandbank, der Handelsverband, die Raiffeisen IT und Bank sowie alle Medien – darunter auch DER STANDARD. "Wir sind in der finalen Phase der Partnerakquise – mit dem Ziel, aus jeder Branche mindestens einen relevanten Partner als Mitglied im Verein zu gewinnen", sagt Stöcher. "Im Jänner wird die GmbH gegründet, und im Halbjahr 2021 werden wir erste Use-Cases live zeigen können."

Der Vorteil für Wirtschaftstreibende sei vor allem, dass auf diese Weise der Wettbewerbsnachteil gegenüber den großen IT-Konzernen verringert wird, die durch ihre Datensammlung mehr Informationen über Nutzer parat haben als KMUs. So wird beispielsweise eine Bestellung mit einem Klick auch in Onlineshops möglich, bei denen der User zum allerersten Mal einkauft. (red, 17.11.2020)