Ein Tropfen Blut genügt, um den Blutzucker zu bestimmen – am genauesten ist der HbA1-c-Wert.

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Man sieht es nicht, man fühlt es kaum, und doch verändert sich der Stoffwechsel massiv, wenn die Bauchspeicheldrüse nicht genug Insulin produzieren kann, um den Zucker aus der Nahrung abzubauen. Wenn der Blutzucker zu hoch ist, sprechen Mediziner von Prädiabetes. Es ist die Vorstufe für Diabetes und das große Problem daran: "Symptome gibt es nicht, nur Hinweise", sagt Harald Sourij, Diabetologe an der Med-Uni Graz.

Dass "versteckter Zucker", wie er umgangssprachlich genannt wird, ein lebensgefährliches Problem werden kann, hat sich in der Corona-Pandemie gezeigt. Bei vielen Covid-19-Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf wurden im Krankenhaus erhöhte Blutzuckerwerte festgestellt. Menschen mit Diabetes oder Prädiabetes waren gleichermaßen betroffen, ihr Risiko, auf einer Intensivstation behandelt werden zu müssen, war hoch.

Hohe Dunkelziffer

Die Lehre daraus: Niemals war eine Blutzuckerkontrolle wichtiger als derzeit. Vor allem dann, wenn Voraussetzungen für Diabetes bestehen könnten. Zum Beispiel Zuckerkrankheit in der Familie, aber auch Diabetes während einer zurückliegenden Schwangerschaft könnten ein Vorzeichen sein. Ein sehr weit verbreiteter Risikofaktor ist zudem Übergewicht, besonders Menschen mit großem Bauchumfang sollten deshalb zum Hausarzt, um sich auf Prädiabetes untersuchen zu lassen.

"Der entscheidende Wert ist der HbA1-c-Wert, der allerdings leider nicht in der regulären Gesundenuntersuchung enthalten ist", beklagt Sourij, erster Sekretär der Österreichischen Gesellschaft für Diabetologie, der diesen Missstand seit vielen Jahren zu beheben versucht. Würde der HbA1-c-Wert Teil der Gesundenuntersuchung, dann könnte das die Dunkelziffer der Zuckerkranken massiv reduzieren – und damit langfristig schwerwiegende Folgeerkrankungen vermeiden. "Der Nüchternzucker ist nicht aussagekräftig genug", sagt er. Leute würden sich nach einer Gesundenuntersuchung in falscher Sicherheit wiegen.

Vorzeichen ernst nehmen

Gibt es gar keine Vorzeichen? "Keine eindeutigen," sagt Sourij, der aus Erfahrung jedoch sagen kann, dass gelegentlich von Kribbeln in den Beinen berichtet wird. Die Ursache: Die Nerven können bereits bei Prädiabetes geschädigt werden. "Es kann sein, dass man weniger schmerzempfindlich wird, doch das selbst festzustellen ist schwierig." Ein Zeichen von Prädiabetes bei Männern kann auch eine erektile Dysfunktion sein. Doch Probleme beim Sex kann auch viele andere Ursachen haben, insofern ist ein direkter Zusammenhang mit Diabetes nicht automatisch abzuleiten.

Prädiabetes reduziert so wie Diabetes allerdings die Infektabwehr. Viren und Bakterien können weniger effizient bekämpft werden, und auch Pilzinfektionen nehmen zu. Frauen, die häufig unter vaginalen Pilzinfektionen leiden, sollten ebenfalls ihren Blutzuckerwert beim Hausarzt bestimmen lassen. Die gute Nachricht zum Schluss: Prädiabetes lässt sich beeinflussen, oft auch durch den Lebensstil. Im besten Fall lässt sich Diabetes abwenden, und genau darum geht es.