Es war das Gegenteil von einem Aus mit Applaus. Als Josep Bartomeu beim FC Barcelona Ende November einem Misstrauensantrag entging und freiwillig als Präsident zurücktrat, versetzte er mit einer beiläufigen Bemerkung die Fußballwelt in Aufruhr. Der 57-Jährige verkündete in seiner Abschiedsrede, dass er den Verein auf die Teilnahme an einer europäischen Superliga vorbereitet habe. Das bringe Einnahmen über viele Jahre. Nur das neue Präsidium und die Mitgliederversammlung müssten dem Vorschlag noch zustimmen. Sprach's und verschwand.

Konzert der Großen

Bei leeren Stadien fallen Vereine um rund 15 Prozent an Gesamteinnahmen um. Großklubs erhoffen sich durch die Superliga eine neue Geldquelle. Gerüchte über angebliche Geheimtreffen von europäischen Spitzenklubs gibt es schon lange. Bartomeu war allerdings der erste Offizielle eines Branchenführers, der Bereitschaft zeigte, mit den aktuellen Wettbewerben in Konkurrenz zu treten.

Georg Pangl, ein Spitzenfunktionär aus Österreich, legt die Tatsachen auf den Tisch. "Die Superliga gibt es schon längst", sagt er dem STANDARD-Videobeweis. "Die Champions League ist de facto ein abgeschlossenes System. Kleine Vereine sind dort unerwünscht." Der Burgenländer kämpfte einst als Vorsitzender der Vereinigung europäischer Fußballligen für die Interessen der kleineren Verbände innerhalb des europäischen Verbandes Uefa, ehe er im Herbst 2019 sein Amt zurücklegte.

Augenscheinlich ist, dass die Champions League für "kleinere" Namen im Klubfußball unerreichbar wird. 80 Prozent der Tickets für die Gruppenphase gehen an große und mittelgroße Ligen. Die Meister aus den Ländern ab Platz elf in der Uefa-Fünfjahreswertung streiten sich um gerade einmal vier Plätze. "Die werden dann in ihrer Gruppe Letzter, das ist jedes Jahr schon dasselbe", sagt Pangl. Und die Kluft zu den großen Ligen wird größer.

Nun bringt sich auch die Fifa ins Spiel. Sie träumt von einer globalen Superliga. Der Weltverband weitet seinen einzigen Wettbewerb auf Vereinsebene aus. Im Sommer 2021 hätte in China erstmals eine Klub-WM mit 24 Vereinen aus sechs Kontinentalverbänden stattfinden sollen. Durch die Verschiebung der EM verzögert sich auch die Premiere. Die Klub-WM ist im Zweijahresrhythmus geplant. Die Champions League soll weiterhin jährlich stattfinden.

Nachteil der Kleinen

Auch abseits der absoluten Fußballelite bringt das Jahr 2021 Veränderungen. Mit der Conference League trägt die Uefa erstmals einen dritten Europacup-Bewerb aus. Die Europa League wird auf 32 Teams gekürzt, auch Österreich ist davon betroffen. Die Bundesliga verliert zwei Plätze in der Europa-League-Qualifikation an die Conference League. In Zukunft haben nur die Cupsieger aus den besten sechs Verbänden einen Fixplatz in der Gruppenphase, der österreichische Vertreter muss ins Playoff.

Die Europa League wird zum zweiten abgeschlossenen System: Vereine der Ligen außerhalb der Top 15 haben keine Chance auf eine Teilnahme. Ihre Startplätze wurden in die Conference League verschoben, mit Spielzeiten an Donnerstagnachmittagen. "Es wurde als große Reform im Sinne der mittleren und kleinen Klubs verkauft, hat aber den Anschein einer Mogelpackung", sagt Pangl. "Es schmerzt, dass das die wenigsten verstanden haben. Wissenslücken werden systematisch ausgenutzt. Jetzt ist es zu spät."

Prämien in der Conference League sind geringer als jene in der Europa League. Die Reform geht ins Geld. Pangl: "Die nationalen Ligen sind das Brot und die Butter. Die Champions League ist der Kaviar." (Lukas Zahrer, 20.11.2020)