Der Impfstoff von Biontech/Pfizer schützt laut Firmenangaben zu 95 Prozent. Doch er hat ein kleines Manko: Er benötigt sehr tiefe Temperaturen bei Transport und Lagerung.

Foto: Biontech

Es sieht sehr gut aus mit der baldigen Zulassung von ersten Impfstoffen gegen Covid-19. Am Donnerstag legten die Firmen Biontech und Pfizer die jüngsten Ergebnisse zur Sicherheit und Wirksamkeit ihres Vakzin-Kandidaten BNT162b2 vor, und diese Daten sind überaus erfreulich: Der Corona-Impfstoff, der an über 43.000 Personen getestet wurde, biete unabhängig von Geschlecht oder Alter einen Schutz von 95 Prozent. Zudem sei der Impfstoff sicher und habe nur die üblichen Nebenwirkungen.

Die gesamten Daten dieser Phase-3-Studie werden bereits am Freitag, dem 20. November, bei der US-Zulassungsbehörde FDA eingereicht. Die europäische Zulassungsbehörde EMA hat bereits laufend Daten erhalten, wie Biontech-Chef Uğur Şahin erklärt. Man sei in sehr enger Abstimmung mit den Behörden. Und wenn alles gutgehe, könnten die ersten Menschen in Europa in der zweiten Dezemberhälfte geimpft werden.

Verteilung in Europa und Österreich

Auch wenn die Corona-Impfstoffe der Firmen Moderna und Astrazeneca ebenfalls sehr weit fortgeschritten sind, ist BNT162b2 eindeutig in der Pole-Position und wird wohl als erster offiziell zugelassener Impfstoff in Europa zur Anwendung kommen. Denn die EU hat sich bei Biontech und Pfizer erst vergangene Woche 200 Millionen Impfdosen gesichert, die in Relation zur Bevölkerungszahl auf die Mitgliedsstaaten aufgeteilt werden.

Österreich würde entsprechend diesem Schlüssel vier Millionen Impfdosen erhalten, die für zwei Millionen Menschen reichen würden, da die Immunisierung erst nach zwei Impfungen im Abstand von drei Wochen eintritt. Bis der Impfstoff tatsächlich auch hier massenhaft verfügbar ist, wird es freilich noch länger dauern, denn Biontech und Pfizer können heuer "nur" 50 Millionen Dosen liefern; 2021 sollen es dann 1,3 Milliarden sein.

Dazu kommt noch eine zweite logistische Herausforderung: Anders als die anderen Impfstoffkandidaten muss BNT162b2, der auf sogenannter Boten-RNA beruht, bei sehr tiefen Temperaturen transportiert und gelagert werden, nämlich bei mindestens minus 70 Grad. Nur in den letzten Tagen unmittelbar vor der Verimpfung reicht die Lagerung im normalen Kühlschrank.

Schon gehört?

Spezielle Kühlkoffer

"Die Frage der Haltbarkeit und der Logistik ist gerade bei Impfstoffen wichtig und wird in ihrer Bedeutung oft unterschätzt", sagt die Impfstoffexpertin Christina Nicolodi. Und gerade im Fall von BNT162b2 sei diese Herausforderung besonders groß. Warum dieser RNA-Impfstoff sehr viel tiefere Temperaturen benötigt, um haltbar zu bleiben, als etwa jener von Moderna, liege laut Nicolodi an kleinsten Details der "Rezeptur". Moderna habe etwas mehr Erfahrung mit dieser neuen Art von Impfstoffen. In Sachen Haltbarkeit von Impfstoffen seien übrigens die Russen führend: Ihr Impfstoff Sputnik V, über den freilich keine glaubwürdigen Daten zur Wirksamkeit vorliegen, könne auch gefriergetrocknet gelagert werden.

Bei den Herstellern Pfizer und Biontech ist man sich des Problems natürlich bewusst: Man hat bereits spezielle Tiefkühlkoffer entwickelt, in denen der Impfstoff transportiert werden kann. Die Koffer enthalten bis zu 5.000 Dosen und bleiben ohne weitere zusätzliche Kühlung maximal zehn Tage haltbar.

Die Frage der Kühlschränke

Doch wo passiert dann in Österreich die Zwischenlagerung? Spezielle Kühlschränke für solche Temperaturen gibt es in Österreich zwar an Universitätskliniken, aber längst nicht an allen Krankenhäusern.

Zentral für die Verteilung der Medikamente und Impfstoffe ist der Pharmagroßhandel, und der hat mit ersten Vorbereitungen begonnen, erklärt Andreas Windischbauer, der Präsident des Verbands der österreichischen Arzneimittelvollgroßhändler (Phago): "Wir werden an acht Standorten in Österreich solche Lagerbedingungen mit speziellen Kühlschränken gewährleisten." Die Phago habe zwar noch nicht den entsprechenden Auftrag erhalten, sieht sich aber gerüstet.

Auf die Impfstrategie kommt es an

Wie es dann mit der Verimpfung weitergeht, hängt in erster Linie von der konkreten Impfstrategie ab, die für Österreich noch nicht vorliegt. Aber es ist davon auszugehen, dass die ersten verfügbaren Impfdosen an Pflegekräfte und Ärzte und in weitere Folge an Risikogruppen – also ältere Personen und Menschen mit Vorerkrankungen – gehen werden. Sprich: Es muss auch dafür gesorgt werden, dass der Impfstoff zu den Menschen kommt.

Hier hofft Biontech-Chef Uğur Şahin noch im Dezember auf eine weitere gute Nachricht: dass sein Impfstoff nicht nur fünf Tage, sondern bis zu zwei Wochen bei Kühlschranktemperatur haltbar ist. Nichtsdestotrotz hat er angekündigt, in der ersten Jahreshälfte noch eine etwas modifizierte Version des Vakzins entwickeln zu wollen, die keine so extremen Temperaturen benötigt, damit der Impfstoff auch in ärmeren Ländern verteilt werden kann. (Klaus Taschwer, 19.11.2020)